Wiener Ansichten

Musterstück Spittelau oder: Von der Entgemütlichung

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Wenn Beetinseln im Asphaltmeer treiben: Nachrichten aus dem neuen Wien der Ehrlichkeit.

Ein rechter Jammer ist es mit der Wiener Gemütlichkeit. Was haben wir uns ihretwegen seit Jahr und Tag alles anhören müssen! Verlogen sei sie und voller Hinterhalt, hat man ihr nachgesagt. Und wer zählt die Bücher, nennt die Dichter, die sie schon voll Ingrimm attackierten?

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Doch Abhilfe ist nah: Wiens Stadtverwaltung scheint offenbar fest entschlossen, über strategisch präzis gesetzte Eingriffe eine breitflächige Entgemütlichung des Stadtbilds voranzutreiben. Das Raffinement, mit dem man dabei vorgeht, nötigt Bewunderung ab. Nicht dass man sich jedweder Maßnahmen enthielte, die der Behaglichkeit des Stadtraumes zuträglich sein könnten; nur wie man sie gestaltet, unterläuft aufs Abgefeimteste schon im Ansatz eine Absicht, die man ohnehin nur zum Schein hat. So stopft man einerseits jenen Unbelehrbaren das Maul, die noch immer der Gemütlichkeit das Wort reden, und bleibt doch seiner Linie treu. Wär ja noch schöner, fühlten sich Mitbürgerinnen und Mitbürger in öffentlichen Räumen wieder wohl!
Wie sich seinesgleichen ins Werk setzen lässt, ist ideal der Neugestaltung abzulesen, die man, eineinhalb Jahre sind seither vergangen, dem Josef-Holaubek-Platz verpasst hat. Neue Begrünung, neue Verweilplätze, alles dazu angetan, ganz und gar unerwünschte Kommodität zu verbreiten. Doch wie schaut das Ganze aus! Verloren im Asphaltmeer treiben Beetinseln vor dem Eingang zur U-Bahn-Station Spittelau, dazwischen gestrandetes Stadtmobiliar, als sei eine städtische Folterkammer entrümpelt worden – das will in dieser Konsequenz erst einmal durchgezogen sein.

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