Zoologie

Hauskatzen haben weniger Hirn als Wildkatzen

13.12.2021, Eine Hauskatze aus einer Familie in Bad W�rishofen (Bayern) sitzt im Wohnzimmer. 13.12.2021, Hauskatze 13.12
13.12.2021, Eine Hauskatze aus einer Familie in Bad W�rishofen (Bayern) sitzt im Wohnzimmer. 13.12.2021, Hauskatze 13.12(c) imago images/MiS (via www.imago-images.de)
  • Drucken

Wiener Verhaltensforscher untersuchten die Effekte der Domestikation: Das Gehirnvolumen sinkt, die Schnauze wird aber nicht kürzer.

Das Haustier sei „eine böse Karikatur seines Herrn“, schrieb Konrad Lorenz – und attestierte ihm „Muskelschwund und Fettansatz samt resultierendem Hängebauch, Verkürzung der Schädelbasis“ usw. Nun, so tendenziös sehen heutige Verhaltensforscher die Domestikation nicht mehr, aber es ist unbestritten: Diese ändert die Eigenschaften von Tieren sowohl physisch als auch psychisch. So sinkt die Aggressivität, was kein Wunder ist, schließlich haben ja die Menschen etwa im Zuge der Zähmung von Wildkatzen gewiss Selektion in Richtung größerer Zutraulichkeit ausgeübt.

Nicht so direkt einsichtig ist ein anderer Effekt der Domestikation: Das Hirn wird kleiner. Das ist etwa bei Rindern nachgewiesen. Auch bei Katzen. Raffaela Lesch (Vet-Med-Uni), Kurt Kotrschal und Tecumseh Fitch (Uni-Wien) haben diesen Effekt gemeinsam mit schottischen Kollegen geprüft – und wenden sich in ihrer Publikation (in „Royal Society Open Science“) gleich gegen das häufige Argument, dass Katzen gar nicht wirklich domestiziert worden seien. Sie seien für die Menschen vielleicht nicht so nützlich wie Hunde oder Pferde, aber ihre Leistung, Getreidevorräte von Nagetieren zu befreien, sei doch wichtig gewesen.
Jedenfalls vermaßen die Forscher über 100 Katzenschädel aus der Sammlung der National Museums Scotland. Und tatsächlich ergab sich, dass Hauskatzen (Felis catus) ein kleineres Hirnvolumen haben als nordafrikanische Falbkatzen (Felis lybica) – aus solchen haben sie sich einst entwickelt –, aber auch als europäische Wildkatzen (Felis silvestris) und Hybride aus F. catus und F. silvestris.

Weniger Teilung von Zellen?

Eine zweite Hypothese ließ sich nicht bestätigen. Die Forscher hätten erwartet, dass mit der Verringerung des Gehirnvolumens eine Verkürzung der Schnauze einhergeht. Denn das sagt die Neuralleisten-Hypothese voraus: Selektion auf möglichst zahmes Verhalten bewirke verringerte Teilung und Migration der Zellen der Neuralleiste (einer frühen Stufe des Nervensystems) während der Embryonalentwicklung. Diese Reduktion soll aber nicht nur Sanftmut, sondern auch eine Verringerung des Hirnvolumens und eine Verkürzung der Schnauze bewirken.

Diese konnte allerdings nicht gemessen werden. Das spreche gegen die Neuralleisten-Hypothese, schreiben die Forscher – und diskutieren andere Ideen. Etwa dass die Selektion auf Schilddrüsenhormone gewirkt habe, die ebenfalls die Entwicklung des Schädels beeinflussen können.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.