Fahrbericht

Darf Autofahren so viel Spaß machen?

Rote Bremssättel als Insignien der Sportlichkeit: Der BMW M440i xDrive Gran Coupé.
Rote Bremssättel als Insignien der Sportlichkeit: Der BMW M440i xDrive Gran Coupé. Rief
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Das Gran Coupé ist die dritte Karosserievariante der 4er-Reihe von BMW. Wenn man die M-Version wählt, garantiert das Fahrspaß für die ganze Familie.

Wir leben ja in korrekten Zeiten. Das heißt auch, dass einem Autofahren eigentlich keinen Spaß mehr machen darf – außer, man fährt rein elektrisch. Und in diesen Fällen beschränkt sich der Spaß leider auf einige wenige Modelle: Auf den Porsche Taycan etwa oder den Tesla S Plaid.

In einem reinen Benzinmodell Spaß zu haben, ist politisch nicht sonderlich korrekt. Aber weil wir auch immer noch Fleisch essen, geben wir es offen zu: So viel Spaß, wie mit dem BMW M440i, einem reinen Sechszylinder-Benziner, hatten wir beim Autofahren schon einige Zeit nicht mehr.

BMW hat ja derzeit einen ziemlichen Lauf. 2021 setzten die Bayern mit 2,2 Millionen verkauften Pkw zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder mehr Autos ab, als der Erzkonkurrent Mercedes. Und mit dem vollelektrischen iX, über dessen Design man diskutieren kann, schafft man einen starken Auftritt im E-Autosegment.

Dreiliter-Motor aus Steyr

Das von uns getestete Gran Coupé ist die dritte Karosserievariante der 4er-Reihe von BMW und soll „neue Zielgruppen für sportlich-elegantes Design und markentypische Fahrfreude begeistern“, wie die Bayern erklären.

Wie sehr das in unserem Fall geglückt ist, kann man an den erstaunten Gesichtern weit entfernter Verwandter messen, die wir besucht haben. Für die Freude am Fahren nahmen wir sogar einen Nachmittag mit dem Großonkel in Kauf, nur weil der im kurvenreichen Mühlviertel wohnt.

Leider für die Kinder bietet das Gran Coupé auch genügend Platz auf den Hintersitzen für insgesamt drei Passagiere, der Radstand ist in der aktuellen zweiten Generation auf 2856 Millimeter gewachsen, der 4er ist insgesamt etwas länger (4783mm) und breiter (1852mm) geworden. Im Kofferraum hätte sogar Gepäck für eine Übernachtung Platz gehabt (470 Liter), aber das wollte dann doch niemand.

In der M-Version bietet das Gran Coupé 374 PS, angetrieben werden alle vier Räder, auf 100 km/h ist man in 4,7 Sekunden. Die auf Wunsch dezent oder knackig schaltende Achtgang-Steptronic bietet eine interessante Sprint-Funktion: Hält man das linke Schaltpaddel am Lenkrad mindestens eine Sekunde lang, schaltet das System auf den niedrigstmöglichen Gang, vom Mild-Hybrid-System kommen zusätzlich elf elektrische PS – und schon geht's dahin.

Dabei dringt der Dreiliter-Sechszylindermotor – übrigens aus heimischer Fertigung in Steyr und wahrscheinlich auch deshalb so gut – nie aufdringlich oder peinlich in den Innenraum (was manche freilich beanstanden werden), sondern liefert eine beständige Klangkulisse, die Kraft und Dynamik ohne Protzerei vermittelt.

Das ist das eine. Das andere ist das ausgezeichnete adaptive Fahrwerk, das die Bayern diesem Auto verpasst haben: Im Comfort-Modus sogar auf reparaturbedürftigen niederösterreichischen Landesstraßen angenehm, sportlich bei dynamischer Fahrt mit einer perfekt abgestimmten Tendenz zum Übersteuern im Grenzbereich.

Der M440i lässt sich auch dank der direkten Lenkung sehr präzise fahren – und ebenso präzise bremsen: Bei unterschiedlichen Reibwerten beim starken Bremsen übermittelt die Traktionskontrolle einen Lenkimpuls, der den Fahrer bei der Kurskorrektur unterstützt. So bleibt man stets in der Spur.

(c) BMW AG (Tom Kirkpatrick)

Ein Wort noch zum Innenraum. Die Bayern haben in diesem Auto Gott sei Dank dem Drang zum übermäßigen Digitalisieren noch nicht nachgegeben (das ändert sich im iX), es gibt noch Schalter und Drehregler, etwa für die Klimaanlage, und ein intuitives, nicht überladenes Menü auf dem Touchscreen.

Der Preis für so viel Fahrspaß: Das neue 4er Gran Coupé kostet ab 50.700 Euro, für die M-Version bezahlt man in Österreich mindestens 75.900 Euro. Bei starker Zurückhaltung bringt man den Verbrauch auf unter acht Liter, über unseren gesamten Testzeitraum inklusive dem Ausflug zum Großonkel wurden es knapp zehn Liter.

Hoffen wir, dass BMW viele iX verkauft, damit Autos wie der M440i noch lang im Portfolio bleiben können.

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