Türkei

Wenn Erdoğan einer Popsängerin die Zunge herausreißen will

Sedef Kabas
Sedef KabasEmrah Gurel / AP / picturedesk.c
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Präsident Erdoğan setzt auf Polarisierung in der Krise. Er legt sich offen mit der Kunst- und Medienszene an.

Wann immer der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in der Klemme steckt, greift er zu seinem bewährten Erfolgsrezept: Er treibt die Spaltung der türkischen Gesellschaft voran und stellt sich als Opfer dar. Neuen Schwung hat er derzeit nötig, denn er bekommt die wirtschaftlichen Probleme seines Landes nicht in den Griff. Um den Kulturkampf zwischen religiösen und säkularen Türken anzufachen, kritisierte der Staatschef ein fünf Jahre altes Lied der Popsängerin Sezen Aksu als Angriff auf religiöse Werte und stellte Aksu an den Pranger. Erdogan drohte, er werde der Sängerin „die Zunge herausreißen“. Doch damit hat sich Erdoğan vergaloppiert.

Die 67-jährige Aksu ist die Königin der türkischen Popmusik. Als Sängerin und Songschreiberin ist sie in ihrem Land seit Jahrzehnten unerreicht. Aksu hat Millionenhits für andere türkische Stars wie Tarkan geschrieben und mit ihren Liedern ganze Generationen geprägt. Als Neujahrsgruß an ihre Fans präsentierte Aksu vor vier Wochen auf ihrem YouTube-Kanal das Lied „Sahane Bir Sey Yasamak“ (Es ist wunderbar, am Leben zu sein) aus dem Jahr 2017. Obwohl das Lied fünf Jahre lang niemanden störte, fühlen sich türkische Islamisten plötzlich von einer Liedzeile beleidigt: „Mit schönem Gruß an die Dummköpfe Adam und Eva“.

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