In dem Nebenpapier zum Koalitionsabkommen sind diverse Personalentscheidungen vereinbart. Gleichzeitig wird die Einführung eines Kopftuchverbots für Lehrerinnen festgehalten.
Der eben bekannt gewordene "Sideletter" zum Koalitionsvertrag zwischen ÖVP und Grünen, in dem diverse Personalentscheidungen detailliert vereinbart wurden, enthält nicht nur Vereinbarungen hinsichtlich des EU-Kommissars, der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht oder der Bundesbeteiligungen, sondern auch eine Abmachung zum ORF. Wie aus dem Papier hervorgeht, haben die Grünen das Vorschlagsrecht für den Stiftungsratsvorsitzenden. Gleichzeitig wird darin auch die Einführung eines Kopftuchverbots für Lehrerinnen festgehalten.
Bereits am Samstag betonten Grünen-Chef Werner Kogler als auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger, dass derartige Nebenpapiere nichts Außergewöhnliches seien. Kogler meinte, eine Vereinbarung sei nötig, damit die ÖVP nicht "alle Positionen besetzt". Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hielt ebenfalls fest, entsprechende Festlegungen habe es noch in jeder Regierung der Zweiten Republik gegeben. Dies sei "völlig normal".
Abtausch von ORF und Kopftuch
Die Tageszeitungen "Kurier", "Kronen-Zeitung" und "Österreich" berichten dazu am Sonntag unter Berufung auf Insider, dass es einen Deal zum Abtausch dieser beiden Themen gegeben habe. Die Grünen wollten demnach das Kopftuchverbot nur in der Nebenabsprache und nicht im Koalitionsvertrag, weil es bei der Öko-Partei heftig umstritten war. Dafür soll den Insidern zufolge der ehemalige Grüne Bundesparteisekretär Lothar Lockl heuer zum Nachfolger von Norbert Steger (FPÖ) zum Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates gewählt werden.
Wörtlich heißt es in dem Dokument: "Bezüglich der Zusammenarbeit im ORF-Stiftungsrat wird auf die Vereinbarung der Vorsitzenden der Freundeskreise der Koalitionspartner verwiesen. Die Grünen haben das Vorschlagsrecht für den Stiftungsratsvorsitzenden, wenn dieser zur Wahl steht." Und bezüglich Kopftuch wird darin festgehalten: "Im Wirkungsbereich des Bildungsministeriums wird im Wege des Erlasses ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen im Laufe der Legislaturperiode eingeführt."
Neos: "Solche ,Deals' sind grundsätzlich schäbig"
Heftige Kritik an den türkis-grünen Vereinbarungen kam am Sonntag von den Neos: "Man kann mit guten Gründen für oder gegen ein Kopftuchverbot argumentieren, aber niemals kann man ein so sensibles Thema zur Verhandlungsmasse im Postenschacher machen", sagte Integrationssprecher Yannick Shetty. "Solche ,Deals' sind grundsätzlich schäbig, aber ein Abtausch Kopftuchverbot für Lehrerinnen gegen einen Top-Job im ORF schlägt dem Fass den Boden aus." Vizekanzler Werner Kogler sei es offenbar bewusst gewesen, "dass es sich um ein schmutziges Geschäft handelte", weil er es im Sideletter versteckt habe. "Das hat mit Anstand und sauberer Politik gar nichts mehr zu tun", meinte Shetty.
(APA/Red. )