Wiener Ansichten

Zinckgasse 10: Die Gründerzeit – und wie man sie korrekt „entstuckt“

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Vom „Entschandeln“ und anderen Kleinigkeiten: Hinweise am Beispiel eines Wohnbaus zu Fünfhaus.

Zinckgasse 10, Wien Fünfhaus: ein dreigeschoßiger Dutzendbau aus der Gründerzeit, dem überdies das auffälligste Stück Gründerzeit, der ehedem notorische Fassadenschmuck, im Lauf der Jahrzehnte abhandengekommen ist. Und doch, dem Wiener Magistrat muss das Gebäude einst so, wie es ist, als etwas Besonderes gegolten haben. In der Publikationsreihe „Wien im Aufbau“ hat er es nämlich 1937 ins Bild gerückt: und zwar nicht deshalb, was hier zu sehen, vielmehr deshalb, was hier nicht (mehr) zu sehen war.

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Der Reihe nach: Abgeräumte Gründerzeitfassaden lasten wir usuell den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg an. Einer Zeit, in der man andere Sorgen hatte, als dem historistischen Stuckschnickschnack allzu große Aufmerksamkeit zu schenken. Kaum geläufig ist dagegen, dass schon das Wien des Austrofaschismus Ähnliches praktizierte – und das teils aus ganz anderen Motiven. Damals nämlich schien, was viele heute schätzen, „übermäßig reicher, dabei aber künstlerisch wertloser“ Dekor zu sein (was so auch nicht ganz falsch ist). „Entstuckung“ und also „Entschandelung“ lautete die Empfehlung für Sanierungen nach dem Geschmack der Zeit – so geschehen 1936 auch in der Zinckgasse 10. (Wie man sich die ursprüngliche Gestaltung vorzustellen hat, ist bis heute gleich nebenan, Zinckgasse 8, zu sehen.)
Die Kunstgeschichtlerin Birgit Knauer hat diesem wenig bekannten Kapitel Wiener Stadtbild-Geschichte eine fundierte Studie gewidmet: „Gesunde Stadt“ (Birkhäuser, Basel).

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