Die US-Zeitung hat sich mit Online-Spielen eine treue (und zahlende!) Community aufgebaut - und jetzt für einen Millionenbetrag das beliebte Worträtselspiel Wordle gekauft. Noch offen ist, was das für die österreichische Wordle-Version bedeutet.
Es funktioniert wie eine Mischung aus „Scrabble" und „Mastermind" (genau, das Logikspiel mit den bunten Steckstiften): Im Online-Spiel "Wordle" gilt es, ein Wort aus fünf Buchstaben zu ermitteln, wobei man sich mit anderen Wörtern an die Lösung annähern muss – und nach jedem Versuch erfährt, ob richtige Buchstaben dabei waren und ob diese auch schon an der richtigen Stelle standen. Der New Yorker Softwareentwickler Josh Wardle hatte das simple Spiel für seine Partnerin erfunden (und in Anlehnung an seinen Nachnamen benannt). Nun hat die „New York Times“ ihm "Wordle" abgekauft – für einen niedrigen siebenstelligen Betrag, wie am Montag mitgeteilt wurde.
„Das Spiel hat geschafft, was nur wenige Spiele schaffen: Es hat unsere kollektive Vorstellungskraft beflügelt und uns alle ein wenig näher zusammengebracht“, sagte der Leiter der Spielesektion der Zeitung, Jonathan Knight. Tatsächlich ist "Wordle" in kurzer Zeit zu einem viralen Phänomen geworden: Im Oktober stellte Wardle das Spiel online, Anfang Jänner zählte es schon über 300.000 Spieler, heute sind es Millionen, die jeden Tag auf ein neues Worträtsel warten.
Zum Erfolg beigetragen hat wohl, dass man sein tägliches Ergebnis mit Freunden und Familie (oder der digitalen Öffentlichkeit) teilen kann, ohne die Lösung zu verraten. Begeisterte Nutzer fluten die sozialen Netzwerke mit ihren "Wordle"-Ergebnisdiagrammen – und bauen aus den charakteristischen gelben, grünen und grauen Kacheln allerlei Bilderwelten, die den Hype weiter befeuern: "Wordle"-Hommagen aus Mülltonnen, Legosteinen, einem Mark-Rothko-Gemälde.
Treue zahlende Spieler-Community
Der „New York Times“ gelingt damit nun eine sehr passende Erweiterung ihres Online-Spieleportfolios: Die Zeitung hat bereits mit ähnlichen Spielen wie „Spelling Bee“ (bei dem man Wörter aus sieben vorgegebenen Buchstaben bilden muss) eine treue – und zahlende – Community aufgebaut. Auch das legendäre Kreuzworträtsel ist als Digitalversion beliebt; der Klavier-Jingle, der bei der richtigen Lösung ertönt, wurde schon in Serien zitiert. „Ich bewundere seit Langem, wie die NYT an ihre Spiele herangeht und mit welchem Respekt sie ihre Spieler behandelt“, schrieb nun der "Wordle"-Erfinder auf Twitter. Nach dem Umzug auf die „NY Times“-Seite soll das Spiel weiterhin gratis bleiben.
Wordle.at: Österreichischer Entwickler wartet ab
Noch offen ist, was der Deal für die deutschsprachige Version (wordle.at) bedeutet, die der Österreicher Philipp Hübner errichtet hat. Er will nun abwarten, ob der Kauf durch die „New York Times“ auch rechtliche Folgen mit sich bringt. Bisher sei die von Wardle entwickelte Web-App lizenzfrei nutzbar gewesen. Hübner hat seine "Wordle"-Version mit einer eigenen deutschen Wortdatenbank ausgestattet (mit 2500 aktiven, also als Lösungswort infrage kommenden, und 4000 passiven, also als Lösungsvorschlag akzeptierten, Wörtern). Es sei ihm wichtig gewesen, den „Look and Feel“ der Original-Spiels beizubehalten, sagt Hübner der „Presse". Wordle.at werde täglich von einer sechsstelligen Zahl an Spielern genutzt - „mit hohen Wachstumsraten“.
Fremdsprachige Versionen von "Wordle" gibt es zuhauf, auch englischsprachige Kopien tummeln sich schon im Netz und in den App-Stores. Der Reiz des Online-Spiels ist aber freilich nicht nur das Wörter-Raten, sondern der Umstand, dass eine gigantische Online-Community Tag für Tag am selben Worträtsel tüftelt und dabei ihre Ergebnisse austauscht - was nur funktioniert, solange alle dieselbe Version nutzen. Die Spieler-Gemeinschaft wird es wohl auch gewesen sein, die der „New York Times“ den stattlichen Millionenbetrag wert war.
>>> Das originale, englischsprachige "Wordle" (in seiner bisherigen Web-Heimat)