Krise in Osteuropa

USA schicken Verstärkungen nach Europa

US-ARMY
US-ARMYAPA/AFP/US ARMY/CAPT. ROBYN HAAK
  • Drucken

2000 von rund 8500 US-Soldaten in Bereitschaft fliegen nach Polen und Deutschland. Der Kreml verspottet Großbritanniens Premier Johnson – und befürchtet einen Krieg mit der Nato um die Krim.

In die hektischen diplomatischen Bemühungen zur Entschärfung der Russland–Ukraine-Krise gesellte sich am Mittwoch die Ankündigung der USA, merkliche Verstärkungen nach Europa zu schicken. Bisher standen rund 8500 Mann etwa von Luftlande- und Infanterieeinheiten bereit. Präsident Joe Biden genehmigte nun den Abflug von etwa 2000 davon nach Polen und Deutschland; aus letzterem Land wiederum sollen etwa 1000 US-Soldaten nach Rumänien verlegt werden.

Zum Vergleich: Die USA haben gesamt rund 65.000 Mann in Europa, und Russland soll schon mehr als 120.000 Mann nahe der ukrainischen Grenze versammelt haben.

In die Verhandlungen und das Kräftemessen wurde am Mittwoch auch eine bittere Prise Häme gestreut: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Bezug auf ein seit Tagen verschobenes Telefonat zwischen dem britischen Premier, Boris Johnson, und Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, dass es schon irgendwann stattfinden werde – es ergebe immer „Sinn, mit jedermann zu sprechen“, selbst wenn er „vollkommen verwirrt“ sei, wie Peskow mit Blick auf Johnson sagte.

Dieser war am Dienstag in Kiew eingetroffen, hatte Hilfe versprochen und Russland gedroht. Seit Montag schon hatte Johnson mit Putin reden wollen, aber das vereitelten zunächst terminliche Probleme wegen des Skandals um Trinkgelage in seinem Amtssitz im Corona-Lockdown. Die Sache hat Johnson innenpolitisch an den Rand des Abgrunds gebracht.

„Die Dummheit britischer Politiker“

Zuletzt hieß es, er wolle Putin am Mittwoch (gestern) anrufen. Auch die britische Außenministerin, Elizabeth Truss, bekam ihr Fett ab: Sie hatte Hilfe für „die baltischen Alliierten jenseits des Schwarzen Meeres" (sic!) angekündigt. Außenamtssprecherin Marija Sacharowa in Moskau meinte dazu sinngemäß, Truss möge Geografie lernen; und wenn man die Welt vor etwas retten müsse, dann „vor der Dummheit britischer Politiker".

via REUTERS

Der niederländische Premier, Mark Rutte, versprach derweil am Mittwoch in Kiew Hilfe im Bereich Cybersicherheit, schwieg sich aber zu Waffenhilfe aus. Diese war bisher signalisiert worden. Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, dementierte offensive Pläne hinter solchen Lieferungen: „Wir denken nur an Frieden."

Solche Pläne hatte Putin am Vortag vor Journalisten angedeutet, als er darüber sinnierte, dass die Ukraine rechtlich legitim in die Nato eintreten und sich dann aber bemühen könnte, die seit 2014 russische Halbinsel Krim und die prorussischen Zonen der Ostukraine zurückzuerobern. Er warnte vor Kämpfen mit der Nato wegen der Krim.

Einblick in geheime Antworten

Der Westen schließt eine Militärintervention bei einem Krieg Russland–Ukraine aus. Die spanische Zeitung „El País“ zitierte unterdessen aus den geheimen Antworten von USA und Nato auf die sicherheitspolitischen Forderungen Moskaus. Demnach werde das Gros davon, etwa der Rückzug der Nato aus Osteuropa, verworfen. Man sei aber etwa bereit, dauerhafte Stationierungen von Truppen und ballistischen Raketen in der Ukraine auszuschließen. (wg)

(wg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, mit seinem ukrainischen Amtskollegen Volodymyr Zelensky
Analyse

Die Türkei als Vermittler im Ukraine-Konflikt

Präsident Erdoğan besucht Kiew und will seine Gesprächskanäle nach Russland nutzen, um den schwelenden Konflikt zu entschärfen. Denn für Ankara steht auch viel auf dem Spiel.
Deutschland

Die deutschen Freunde Putins

Der eine war früher Bundeskanzler, der andere Stasi-Offizier. Die deutschen Netzwerke zum Kreml sind vielfältig – und sorgen für Unruhe.
Archivbild.
Besuch

Warum Orbán die Nähe des Kreml sucht

Der ungarische Premier Viktor Orbán war einst ein passionierter Kritiker Russlands. Jetzt halten ihn manche für Putins fünfte Kolonne. Heute reist Orbán wieder in den Kreml. Es geht in dieser Beziehung um Geld, Gas – und noch viel mehr.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.