Gesetzwerdung

Bundesrat besiegelt Impfpflicht, rote Abweichler erwartet

Im Plenum stimmte nur Josef Muchitsch, Bau-Holz-Gewerkschafter und Sozialsprecher der SPÖ, dagegen.
Im Plenum stimmte nur Josef Muchitsch, Bau-Holz-Gewerkschafter und Sozialsprecher der SPÖ, dagegen.APA/ROLAND SCHLAGER
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Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, Neos und - Teilen - der SPÖ wird der Bundesrat dem Gesetzesvorschlag seinen Segen geben. Der Gesundheitsminister ortet eine  „wichtige mittelfristige Maßnahme“.

Die allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus nimmt am heutigen Donnerstag die letzte parlamentarische Hürde. Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, Neos und jedenfalls Teilen der SPÖ wird der Bundesrat der entsprechenden Vorlage des Nationalrats seinen Segen geben. Damit fehlen dann nur noch Unterschrift des Bundespräsidenten und Kundmachung, bis die Impfung gegen Sars-CoV-2 in Österreich ab 18 verpflichtend ist.

Wie im Nationalrat wird die SPÖ nicht zur Gänze zustimmen. War es dort nur Sozialsprecher Josef Muchitsch, dürften in der Länderkammer drei rote Mandatare die Vorlage ablehnen, darunter immerhin der Salzburger Landesvorsitzende David Egger. Ob es auch in der Koalition Absenzen oder gar Gegenstimmen gibt, war im Vorfeld noch unklar. Eine Mehrheit gilt jedoch als sehr wahrscheinlich.

Weitere Themen im Bundesrat sind eine Rede des aktuellen Vorsitzenden der Landeshauptleute-Konferenz Markus Wallner (ÖVP), eine "Aktuelle Stunde" mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sowie der Beschluss der Steuerreform.

Strafen bis zu 3600 Euro

Die Impfpflicht soll für alle Personen mit Wohnsitz in Österreich ab 18 Jahren gelten. Ausnahmen sind für Schwangere und jene vorgesehen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, sowie für Genesene (180 Tage lang). Der Strafrahmen geht von 600 bis 3600 Euro, es wird jedoch erst ab Mitte März kontrolliert. Die Polizei kontrolliert dabei stichprobenartig im Rahmen ihrer Amts- und Kontrollhandlungen, etwa im Straßenverkehr, den Impfstatus.

„Wünsche mir auch, dass Phase drei nie erreicht wird"

Wann die dritte Phase eintritt, in der an bestimmten „Stichtagen“ automatisch Melderegister und Impfregister abgeglichen und Strafbescheide verschickt werden sollen, beziehungsweise ob sie überhaupt eintritt, ist allerdings noch offen. Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) konnte am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“ kein Datum nennen. „Warum? Weil wir das flexibel gestalten wollen“, sagte er.

Man habe aber eine Expertenkommission eingesetzt, die aus Gecko rekrutiert wurde und zwei Verfassungsjuristinnen und zwei Expertinnen aus dem medizinischen Bereich in ihren Reihen hätten. Sie würden spätestens alle drei Monate Einschätzungen machen: zur epidemiologischen Lage, zu neuen Impfstoffen, wie sich das Impfen auf die Prognosen auswirke. „Auf Basis dieser Prognosen kann dann die Bundesregierung nach Zustimmung des Hauptausschusses die Phase drei einläuten“, meinte Mückstein.

„Natürlich“ könne es sein, dass die Immunität in der Bevölkerung durch den Impffortschritt, aber auch über Genesung bereits zuvor erreicht werde, bestätigte der Ressortchef auf Nachfrage. „Ich wünsche mir, dass wir die Phase drei nie brauchen.“ Würden Experten feststellen, dass sie auf Basis ihrer Prognosen nicht nötig sei, oder  Verfassungsjuristinnen, dass sie nicht verhältnismäßig sei, „dann kommt die Phase drei nicht“.

Lockerungen „angemessen"

Die angekündigten stufenweise Lockerungen inmitten der Omikron-Welle verteidigte der Gesundheitsminister. Auch hier halte man sich an die Prognosen der Experten. Und diese würden zeigen, dass die medizinische Versorgung in Österreich in den nächsten Wochen gewährleistet sei, es zu keinen Engpässen in Krankenhäusern und Intensivstationen kommen werde. Man gehe dabei - auch vor dem Hintergrund der Omikron-Untervariante BA.2 - vorsichtig vor, man öffne „sanft, schrittweise und auf Sicht“.

Die Teststrategie werde regelmäßig evaluiert, sagte er auf die Frage, wie es denn mit der Impfpflicht zusammenpasse, weiterhin alle Menschen gratis zu testen. Dies werde getan, um Orte sicherer zu machen. „Ich darf an Schulen, den Arbeitsplatz erinnern.“ Außerdem bekomme man dadurch ein Bild der epidemiologischen Lage. „Wenn wir draufkommen, dass es Orte gibt, wo aus epidemiologischer Sicht da Testen nicht mehr brauchen, stellt sich auch die Frage nach der Kostenpflichtigkeit."

>>> Gesundheitsminister Mückstein im Ö1-"Morgenjournal"

(APA/Red. )

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