ORF-Wahl

Wie Richard Grasl doch nicht ORF-Generaldirektor wurde

ORF-STIFTUNGSRAT: GRASL
ORF-STIFTUNGSRAT: GRASL(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Der Spitzenposten im ORF war bei der Wahl 2016 so hart umkämpft wie selten zuvor. Das zeigen Chats aus dem Innenministerium, die Peter Pilz auf seiner Plattform veröffentlicht hat.

Vergangenen Sommer war die Sache recht eindeutig: Der sogenannte „Freundeskreis“ der ÖVP hat derzeit eine bequeme Mehrheit im ORF-Stiftungsrat und der als bürgerlich geltende Kandidat Roland Weißmann wurde zum neuen Generaldirektor bestellt. Weniger klar war 2016, wie die Wahl zum ORF-Chef ausgehen würde. Bis zuletzt war nicht sicher, ob der amtierende Alexander Wrabetz, der als SPÖ-nah gilt, verlängert würde oder ob sein bürgerlicher Herausforderer künftig an der Spitze des ORF stehen würde. Sogar am Wahltag selbst glaubten einige ÖVP-nahe Stiftungsräte noch, dass sie es schaffen können, das Rennen in ihrem Sinn und für Richard Grasl zu entscheiden, schreibt der ehemalige Politiker Peter Pilz auf seiner Plattform „Zackzack“. Pilz wurden offenbar Chats aus dem Innenministerium zugespielt, in denen es genau um diese Wahl geht und die ein Sittenbild des Umgangs der Politik mit dem ORF zeigen.

Dass es knapp werden würde, zeigte schon die damalige Besetzung des Stiftungsrats: Insgesamt gibt es 35 Stiftungsräte, für einen Sieg reichen die Stimmen von 18. SPÖ und ÖVP waren 2016 jeweils 13 Stimmen eindeutig zuzurechnen. Vier waren unabhängig. Neos, Grüne, FPÖ und Team Stronach stellten jeweils einen Stiftungsrat. Und dann war da noch der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer, der einst von der FPÖ entsandt wurde und dann von SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser verlängert.

Für Grasl setzten sich ÖVP und FPÖ ein sowie das Team Stronach (macht 15 Stimmen). Wrabetz hatte zusätzlich zu den SPÖ-Stimmen jene von den Neos und zwei Unabhängigen fix auf seiner Seite (den ORF-Betriebsräten; macht 16 Stimmen). Hart umworben waren somit die Stimmen von Neuschitzer, dem unabhängigen Rat Franz Küberl sowie dem Grünen Wilfried Embacher.

Ex-Caritas-Präsident Küberl berichtet auf „Zackzack“ über ein Treffen mit dem damaligen Innenminister Sobotka, bei dem eigentlich Flüchtlinge Thema waren, „aber es wundert mich nicht, wenn es Sobotka auch um den ORF gegangen ist.“ Er habe „selten so viel Druck erlebt, von beiden Seiten, ÖVP und SPÖ.“ Bei der Wahl enthielt sich Küberl schließlich seiner Stimme.

„Lieber HC, die FPÖ ist nicht meine Familie"

Neuschitzer wurde der Plattform zufolge vom damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bearbeitet: Wenn er nicht für Grasl stimme, sei er nicht mehr Teil der freiheitlichen Familie, sei ihm von Strache telefonisch angedroht worden. Neuschitzer schildert seine damalige Antwort so: „Lieber HC, die FPÖ ist nicht meine Familie, ich habe nur eine Familie. Die besteht aus mir, meiner Frau, meinen vier Kindern und dem Hund.“ Er stimmte letztlich für Wrabetz.

Besonders hart umkämpft war die grüne Stimme, erhoffte man sich doch, durch eine Zustimmung der Grünen auch weitere unentschiedene Räte zu überzeugen. Embacher hatte zuvor einen Stillstand am Küniglberg konstatiert und signalisierte grundsätzlich Offenheit für Veränderung. Gegenüber „Zackzack“ berichtet er von mehreren Treffen mit Grasl in den Wochen vor der Wahl. Zwischenzeitlich hieß es damals, dass die Grüne Parteispitze um die ehemalige Obfrau Eva Glawischnig und Mediensprecher Dieter Brosz sich in einer geheimen Sitzung darauf verständigt hätte, Grasl zu unterstützen. Nur: Am Ende wählte Embacher doch Wrabetz. Was hat ihn umgestimmt? Oder wer? Pilz selbst will es gewesen sein. Der damalige grüne Abgeordnete habe sich „quergelegt“, heißt es im „Standard“: „Ich habe gedroht, das Ganze noch vor der Wahl im Stiftungsrat auffliegen zu lassen“, so Pilz.

„United WE stand"

Am Nachmittag der Wahl schrieb der Fraktionsführer der schwarzen Stiftungsräte Thomas Zach an Michael Kloibmüller, damals Kabinettschef im Innenministerium: „Richard: 15, w: 18, Enthaltung: Küberl und Stindl (Zentralbetriebsrätin Gudrun Stindl, Anm.), United WE stand.“ Wenig später schickte er nach: „Grüne sind umgefallen, sonst hätten wir es geschafft. Wrabetz hat nur 18 Stimmen“. Fünf Jahre nach diesen Nachrichten stimmten ÖVP und Grüne gemeinsam, wer den unabhängigen ORF bis mindestens 2027 leiten wird.

>> Bericht auf Peter Pilz' Plattform „Zackzack"

>> Bericht im „Standard"

(her)

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