Wiener Ansichten

Rathauspark: Ein Denkmal für den Notausgang?

wf
  • Drucken

Ein Sockel, ein Schild und wie eins zum anderen kommt oder: Von den Rathausmann-Kopierern.

wf

Auf einen Sockel gehoben wird ja hierorts bald einmal wer, Kaiser, Künstler, Bürgermeister, und nicht in jedem Fall erweist sich solcherlei Erhebung nach Jahrzehnten und Jahrhunderten als unbestrittene – und unbestreitbare – Beförderung. Dennoch, was sich an der Westseite des Rathausparks derzeit auf hohen Sockel gehoben sieht, scheint selbst für hiesige Verhältnisse erstaunlich: Warum schließlich sollte man einem schlichten Notausgangsschild ein Denkmal setzen?
Nun ja, die Sache verhält sich selbstredend etwas anders, jedoch nicht weniger skurril. Der Sockel, geschätzt immerhin zwei Meter hoch, sollte eigentlich einem der bekanntesten Symbole Wiens als Heimstatt dienen: dem Rathausmann. Genauer: jener Kopie desselben, die Mitte der 1980er angefertigt wurde. Da nämlich befand sich das Original statt wie sonst hoch droben auf der Rathausturmspitze zwecks Renovierung auf dem kargen Boden Wiener Tatsachen: Mehr als 100 Jahre Wachdienst bei Wind und Wetter hatten ihren Tribut gefordert.
Jene Kopie freilich, 1986 am Westrand des Rathausparks platziert, ward alles andere denn aus demselben Erz wie ihr originales Ebenbild: Kaum mehr als 30 Jahre später geriet sie ihrerseits zum Sanierungsfall, der eiligst zu entfernen war. Und weil genauere Untersuchungen alsbald Irreparabilitäten offenbarten, stand rasch fest: Die Kopie ist nicht zu retten, vielmehr ihrerseits zu kopieren; und weil man sich so eine Kopie der Kopie schon etwas kosten lässt, soll's diesmal gleich eine Kopie der Kopie in Bronze sein.
Wann es so weit sein wird, das weiß weder originaler Rathausmann noch Magistrat. Bis dahin jedenfalls hat Wiens Rathauspark einen Sockel für nichts, der gegenwärtig – Wiens „Eistraum“ nebenan macht's möglich – als Träger eines Notausgangsschilds aushelfen darf. Welch eine Denkmalsockelkarriere!

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.