Wort der Woche

Quecksilber und die Umwelt

Seit rund 450 Jahren setzt der Mensch riesige Mengen an Quecksilber frei. Wie sich dieses giftige Schwermetall in der Umwelt verteilt, erkennen wir erst nach und nach.

Man schrieb das Jahr 1557, als Bartolomé de Medina in den spanischen Kolonien in Amerika ein neues Verfahren zur Silberproduktion einführte: Mithilfe von Quecksilber wurde es möglich, das Edelmetall zu niedrigeren Kosten zu gewinnen – auch aus Erzen mit geringem Silbergehalt. Das Prinzip war schon zuvor bekannt, und man wusste auch um die Giftigkeit des Quecksilbers. Dennoch entwickelte Bartolomé die Methode zur Praxisreife weiter und setzte damit eine folgenschwere Entwicklung in Gang: Seither wurden laut Schätzungen rund zwei Mio. Tonnen Quecksilber freigesetzt, der Gehalt der Umwelt liegt heute fünf Mal über dem natürlichen Wert (aus Gesteinsverwitterung).

Mit diesem giftigen Erbe aus der Geschichte werden wir noch lang leben. Zusätzlich setzen wir auch heute noch viel Quecksilber (jährlich rund 2200 Tonnen) frei, etwa aus Kohlekraftwerken, bestimmten Industrieanlagen oder dem Verkehr. Und auch das Amalgamierungsverfahren wird – trotz der bekannten Gefahren – weiterhin angewendet, und zwar in der kleingewerblichen Goldgewinnung in Afrika und Südamerika (die 20 bis 30 Prozent der gesamten Goldproduktion liefert).

Über die Wege, wie sich Quecksilber in der Umwelt verteilt, ist nicht allzu viel bekannt. Grundsätzlich werden Quecksilberdämpfe durch Winde verfrachtet und vom Regen ausgewaschen; überdies lagert sich das Schwermetall an Staubpartikel an und sinkt in dieser Form hernieder.

Dank neuer Analysemethoden konnten jüngst einige Details dieser Prozesse geklärt werden. So zeigte eine asiatische Forschergruppe um Junming Guo (Chinesische Akademie der Wissenschaften) am Beispiel des Ganges-Beckens, dass die Quecksilberkonzentration in der Luft abhängig von der Jahreszeit stark variiert – mit einem Maximum vor der Monsunzeit (Geoscience Frontiers 13, 101274).

Amerikanische Forscher um Jacqueline Gerson (Duke University) fanden nun auch heraus, dass die Emissionen aus der Goldgewinnung in Peru vorwiegend im Amazonas-Regenwald landen: In dicht bewaldeten Regionen wird viel mehr Quecksilber im Boden und in der Biomasse gebunden als auf unbewaldeten Flächen. Das ist eine Zeitbombe: Werden die Bäume gerodet, werden große Mengen des Schwermetalls freigesetzt (Nature Communications, 28. 1.). Ein Grund mehr, den Regenwald besser zu schützen – und das 2013 beschlossene Minamata-Abkommen zur Eindämmung der Quecksilber-Emissionen rasch umzusetzen.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2022)

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