Stromablesung

Polestar 2: Weniger Leistung, mehr Gefühl

Erkennbar aus dem Volvo-Universum: Der von CEO Thomas Ingenlath gezeichnete Polestar 2, hier in logischer Mehrheitsvariante – mit Long-Range-Batterie und „Single Motor“ (170 kW/231 PS).
Erkennbar aus dem Volvo-Universum: Der von CEO Thomas Ingenlath gezeichnete Polestar 2, hier in logischer Mehrheitsvariante – mit Long-Range-Batterie und „Single Motor“ (170 kW/231 PS). Fabry
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Newcomer und Volvo-Spin-off Polestar hat eine zweite Variante seiner kompakten Elektro-Limo nachgelegt – und siehe da, mit weniger Leistung gewinnt das Modell an Sinn und Attraktivität.

Es kommt nicht oft vor, dass wir uns über gekappte Motorleistung freuen. Im vorliegenden Fall ergibt dies aber das rundere, überzeugendere Gesamtpaket: Der Polestar 2 kann mit nur einem Motor und 170 kW fast alles besser als die zum Launch gereichte 300-kW-Variante mit zwei Motoren.
Bevor wir das erläutern, ein frischer Blick auf das Abenteuer Polestar: Die 2017 ins Leben gerufene Marke macht gerade durch ambitionierte Wachstumspläne von sich reden. Im Jahr 2025 will CEO Thomas Ingenlath (in einer seltenen Doppelrolle als Chef und oberster Designer) 290.000 Fahrzeuge verkaufen – eine Verzehnfachung der letztjährigen Stückzahl.

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Dass die Pläne öffentlich wurden, behagt Ingenlath gar nicht, wie er zugibt, war aber obligat, nachdem die Marke an die Börse geht und dafür Verkaufszahlen und Businessplan offenlegen muss. Eine Milliarde Dollar soll das Spac (eine schnellere Alternative zum IPO) auf die Schnelle bringen, Cash als Grundlage für den kühnen Fortgang der Unternehmung.
Eigene Werke braucht die Marke nicht, da hängt man sich kostensparend an die jeweilige Produktion im Geely/Volvo-Verbund an: Der Polestar 2 entsteht in China, die kommenden Modelle 3, 4 und 5 (SUV, Sportcoupé) werden demnächst auch in den USA und Europa gefertigt, parallel zu den Volvos, die als Basis dienen.


Was soll Polestar überhaupt von Volvo unterscheiden? Laut Ingenlath sind das prononcierte Sportlichkeit und Design, das polarisieren darf oder soll (anders als bei Volvo, wie er meint).
Der Polestar 2 polarisiert aber gar nicht so sehr, er gefällt durchwegs, wenn wir uns so umhören: Volvo-Gefälligkeit mit Neuigkeitswert. Rasend viel Eindruck hat die Fahrdynamik bislang nicht hinterlassen, was allerdings nur im Dual-Motor-Modell, eindeutig auf Teslas Dragster-Stunts gemünzt, für etwas Ernüchterung sorgte. Mit „Single Motor“, dieser an der Vorderachse und 231 PS/330 Nm mobilisierend, herrscht eine gute, angenehme Balance, in der Fahrleistungen und die Anlagen des Fahrwerks zusammenpassen.

Moderner, stilsicherer und durchwegs hochwertiger Innenraum.
Moderner, stilsicherer und durchwegs hochwertiger Innenraum.Fabry


Der Schub, den man jederzeit mit der großen Zehe am Gaspedal abrufen kann, elektro-typisch ohne Nachdenkpause, kommt nun feist genug, aber ziviler statt „ludicrous“, entsprechend sinkt auch die Höchstgeschwindigkeit von 210 auf 160 km/h – völlig ausreichend für artgerechte Haltung. Auch wenn sich die Stellen ums Komma genau umgedreht haben: 7,4 Sekunden für den Sprint aus dem Stand auf 100 sind immer noch eine flotte Angelegenheit.
Und das Auto bringt auf diese Weise knapp unter zwei Tonnen auf die Waage, doch immerhin 117 kg weniger als mit zwei Motoren. Entscheidender Punkt ist aber wohl der Zugewinn an Reichweite. Die offiziellen 540 km sehen wir zwar nicht wirklich, ganz bestimmt nicht unter winterlichen Bedingungen, aber im Alltag muss man es bei verlässlichen 400 km schon darauf anlegen, die Batterie in die Reserve zu fahren.

Großer Kofferraum, ordentlich Platz für vier Personen, konventionelle Bauweise auf einer von vielen Varianten genutzten Konzern-Plattform.
Großer Kofferraum, ordentlich Platz für vier Personen, konventionelle Bauweise auf einer von vielen Varianten genutzten Konzern-Plattform.Fabry


Mit dem Google-Bordsystem kann man gut leben, speziell der akkuraten Navigation, aber mit der Sprachsteuerung fanden wir nicht ins Gespräch. Viele Funktion muss man zudem händisch abrufen. Befiehlt man „One-Pedal-Drive!“, wird man mit dem entsprechenden Wikipedia-Beitrag belehrt, statt zur Einstellung zu gelangen. Wir trösteten uns mit 1a-Volvo-Gestühl und dem geschmackssicheren Innenraum, zurückhaltend, ohne billige Effekte. Reden tun wir eh lieber mit Mitreisenden.

Polestar 2 Long Range Single Motor

Maße L/B/H 4606/1985/1479 mm. Radstand 2735 mm. Leergewicht 1994 kg. Kofferraum 405/35 Liter (hi./vo.).

Antrieb PSM an der Vorderachse, Leistung max. 170 kW, Drehmoment max. 330 Nm.
Akku-Kapazität 75 kWh netto. Ladeleistung AC max. 155 kW, DC max. 11 kW.
0–100 km/h in 7,4 Sek. Vmax 160 km/h.
Testverbrauch 25,0 kWh/100 km.

Preis ab 47.900 Euro.

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