Pandemie-Management

Bayern will Impfpflicht für Pflegekräfte nicht kontrollieren

Archivbild von Ministerpräsident Markus Söder.
Archivbild von Ministerpräsident Markus Söder.imago images/Chris Emil Janßen
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Bayerns Ministerpräsident Söder kündigt ein „de facto Aussetzen des Vollzugs“ an. Denn es mangelt an Fachkräften. Der Freistaat lockert außerdem mehrere Corona-Maßnahmen.

Umschwung in der Impfpflicht-Debatte in Deutschland. Im südlichen Bundeslands Bayern will man die ab Mitte März vorgesehene Impfpflicht für Pflegekräfte vorerst nicht umsetzen. Er sei dafür, hier "großzügigst" vorzugehen, "was de facto auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft", sagt CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder. Gesundheitsminister Klaus Holetschek arbeite derzeit an Details. Das Hauptargument Söders ist die Sorge vor Personalmangel. Im Dezember und Jänner hatten sich bundesweit 12.000 mehr Menschen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich arbeitssuchend gemeldet als üblich, hatte die deutsche Bundesagentur für Arbeit Anfang Februar erklärt.

Eine Reaktion aus Berlin gibt es bereits. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht weiterhin hinter der branchenbezogenen Impfpflicht - er spreche hier "im ausdrücklichen Einvernehmen mit Bundeskanzler Scholz“.

Die bayerische Regierung hintertreibe den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern und das von CDU/CSU breit mitgetragene Gesetz, sagte auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, am Montag. Ziel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei es, besonders verletzliche Menschen zu schützen. "Wenn die CSU die Impfpflicht aussetzt, entzieht sie sich damit ihrer Verantwortung, diesen Schutz zu gewährleisten. Das sendet ein fatales Signal."

Söder sagte, er sei weiterhin generell für eine Impfpflicht. Diese singuläre und auch partielle Lösung sei aber derzeit in der Omikronwelle keine Hilfe. Der Deutsche Bundestag hatte am 10. Dezember eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen beschlossen. Bis zum 15. März müssen alle Beschäftigten in diesen Bereichen eine vollständige Impfung nachweisen. Um die Impfquote zu erhöhen, ist in Deutschland auch eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch. Geplant ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmt.

Auch die Grünen halten nach den Worten ihrer designierten Vorsitzenden Ricarda Lang an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fest. Diese solle "zügig und pünktlich" umgesetzt werden, sagte Lang am Montag in Berlin. Anders als bei einer allgemeinen Impfpflicht gehe es hier nicht um die Entlastung von Kliniken und Intensivstationen, wo man bei einer Besserung der Lage dort gegebenenfalls auch über eine neue Regelung nachdenken könnte, sagte Lang. Vielmehr gehe es bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht um den Schutz gefährdeter, etwa älterer Menschen in Pflegeeinrichtungen. "Das ist nach wie vor ein Anliegen, das wir ganz klar haben."

Lockerungen der Maßnahmen in Bayern

Bayern geht trotz der steigenden Corona-Neuinfektionen generell auf Lockerungskurs. Die Sperrstunde in der Gastronomie fällt, in Sport und Kultur werden mehr Zuschauer zugelassen, auch die Vorschriften für Friseure und andere körpernahe Dienstleister werden erleichtert. Söder sprach am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands von einer "sanften und kontrollierten Öffnung". "Bei der Belastung der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems droht keine Überforderung mehr." Es gelte, die "Tür durch die Coronawand zu finden".

Derzeit gilt für Gaststätten in Bayern noch eine Sperrstunde von 22 Uhr. Diese solle aufgehoben werden, die 2G-Regelung werde allerdings beibehalten. Bei Sport- und Kulturveranstaltungen sollen in Zukunft wieder deutlich mehr Plätze besetzt werden dürfen - im Kulturbereich solle die Obergrenze auf 75 Prozent erhöht werden, in Sportstadien auf 50 Prozent oder 15.000 Zuschauer. Bayern hatte erst vor zehn Tagen die Obergrenze auf 10.000 erhöht. Die Erfahrungen seien positiv, sagte Söder. In beiden Fällen gelte eine 2G-Plus-Regelung mit Maske - das sei ein "sehr sehr hinreichender Schutz".

Zudem sollen Friseure, Nagelstudios oder andere körpernahe Dienstleister künftig auch wieder Kunden nur mit negativem Coronatest bedienen dürfen. Söder kündigte an, dass hier eine 3G-Regelung ausreichend sei. Im Handel war die 2G-Regelung zuletzt gerichtlich gekippt worden.

Brandenburg lockert manche Regeln

Auch Brandenburgs Landesregierung will die 2G-Regel im gesamten Einzelhandel aufheben, die derzeit nur Geimpften und Genesenen den Einkauf in den meisten Geschäften erlaubt. Stattdessen soll im Einzelhandel eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske gelten, teilte Regierungssprecher Florian Engels am Montag auf Anfrage mit.

Zudem soll die nächtliche Ausgangsbeschränkung für Ungeimpfte in Hotspot-Regionen fallen. Dagegen soll die 2G-plus-Regel in Gaststätten erhalten bleiben - sie schreibt einen zusätzlichen negativen Test vor. Über die Änderungen der Coronaregeln werde das Kabinett aber erst am Dienstag endgültig entscheiden, betonte Engels.

(APA/dpa/red.)

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