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Nato-Militärs: Keine Anzeichen für russischen Angriff auf Baltikum

Ein französischer Soldat während einer Nato-Truppenübung in Estland.
Ein französischer Soldat während einer Nato-Truppenübung in Estland.APA/AFP/ALAIN JOCARD
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Ein Angriff Russlands wäre laut Litauens Armeechef "töricht“. Deutschland steht offenbar vor einer Truppenaufstockung in Litauen.

Trotz der Spannungen im Ukraine-Konflikt sieht der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, derzeit keine Anzeichen für einen Angriff Russlands auf die baltischen Staaten. "Bis jetzt sehen wir keinerlei Absicht: Wir erwarten keinen Angriff Russlands auf Nato-Gebiet - weder direkt noch über Belarus", sagte der Niederländer am Montag bei einem Besuch in Litauen nach einem Bericht der Nachrichtenagentur BNS.

Die Mobilisierung von russischen Streitkräften in Belarus sei aus militärischer Sicht als "Kombination von Möglichkeiten" zu betrachten. Im Konflikt um die Ukraine hatte Moskau, das von den USA und der Nato eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa fordert, zuletzt Truppen in das auch an Litauen, Lettland und Polen angrenzende Nachbarland Belarus verlegt. Nach Bauers Angaben befinden sich etwa 30.000 russische Soldaten derzeit in dem von Machthaber Alexander Lukaschenko autoritär regierten Land. Russland und Belarus wollen diese Woche mit einem gemeinsamen Manöver beginnen, das auch an der EU-Außengrenze stattfindet.

Auch Litauens Armeechef Valdemaras Rupsys sagte, es gebe "zu diesem Zeitpunkt weder taktisch noch operativ eine direkte Bedrohung". Angesichts der in Litauen stationierten Nato-Truppen wäre es auch "unverantwortlich" und "töricht", das baltische Land zu bedrohen. Als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 nach dem pro-westlichen Umsturz in der Ukraine hatte die Nato die Sicherung der eigenen Ostflanke verstärkt.

Deutschland: Kräfte für Mission „vorgemerkt"

Die Präsenz der deutschen Bundeswehr in der früheren Sowjetrepublik Litauen könnte vor dem Hintergrund der Spannungen mit Russland nun etwa verdoppelt werden. Außen-Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) nannte am Montag im Deutschlandfunk eine anvisierte Größenordnung von bis zu tausend deutschen Soldatinnen und Soldaten. Eine Entscheidung über die Aufstockung des Kontingents solle in den nächsten Tagen fallen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums teilte mit, es seien bereits Kräfte für die Mission "vorgemerkt".

Derzeit sind in Litauen, das seit 2004 der Nato angehört, im Rahmen der sogenannten Vorne-Präsenz des westlichen Militärbündnisses rund 500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert. Lindner wies im Deutschlandfunk darauf hin, dass es auch in der Vergangenheit im Baltikum schon deutsche Kontingentstärken von 800 bis 1000 Soldatinnen und Soldaten gegeben habe.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin stufte die derzeitige Lage im Ukraine-Konflikt als ernst ein. "Es ist schwer, es nicht als Drohung zu verstehen, wenn Russland an der Grenze zur Ukraine über hunderttausend Soldaten mit schwerem Gerät, Panzern und Geschützen auffahren lässt, ohne darüber Auskunft zu geben, was sie dort eigentlich sollen", sagte der Sprecher. Dies sei "für uns Grund genug, uns mit unseren Partnern sehr ernsthafte und sehr konkrete Gedanken darüber zu machen, wie wir auf ein solches Szenario reagieren würden".

Nato behält russische Truppen in Belarus im Auge

Die Nato erwägt unterdessen eine stärkere Präsenz im Baltikum und Polen, sollte Russland seine Truppen aus Belarus nach einem gemeinsamen Militärmanöver nicht wieder abziehen. Die Verlegung weiterer Nato-Truppen in diese Länder sei möglich, sagte Rob Bauer, niederländischer Admiral und Vorsitzender des Nato-Militärausschusses am Montag. "Ja, wir schauen uns das an." Es könne zu Veränderungen kommen infolge der derzeitigen Entwicklungen. "Und natürlich ist es stark abhängig davon, ob die russischen Truppen in Belarus in Belarus bleiben." Russland und Belarus haben vom 10. bis 20. Februar ein gemeinsames Manöver an der ukrainischen Grenze angesetzt. Dafür wurden Nato-Angaben zufolge 30.000 russische Soldaten und schweres Gerät dorthin verlegt.

(APA/dpa/AFP)

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