Opernkritik

Staatsoper: Blutauffrischung für die "Tote Stadt"

Staatsoper/Michael Pöhn
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Wiederaufnahme von Korngolds „Toter Stadt“ in Willy Deckers geglückter Inszenierung, mit Klaus Florian Vogt und erstmals Vida Miknevičiūtė, dirigiert von Thomas Guggeis: Das ist hörens- und sehenswert, lässt aber auch Wünsche offen.

Alles eine Frage der Perspektive. Großartig, dass Erich Wolfgang Korngolds „Tote Stadt“ wieder auf dem Spielplan steht – in der klugen, stimmungsvollen Inszenierung von Willy Decker aus dem Jahr 2004. Traum und Wirklichkeit verschwimmen da, mit wirksamen Theatermitteln auf Wolfgang Gussmanns Bühne gebracht, in durchaus poetischer Manier bei dieser späten Selbsttherapie des Protagonisten Paul: Er, der den Tod seiner Frau Maria nicht aufgearbeitet hat und in Erinnerungen lebt, erblickt in der Tänzerin Marietta das vermeintliche Ebenbild der so schmerzlich Vermissten – eine Konstellation, die Hitchcock-Fans etwa aus „Vertigo“ kennen. Das führt zu einer groß angelegten, verbürgerlichten Variante des 2. Aktes von Wagners „Parsifal“. Gut, dass der am Höhepunkt sich ereignende Mord nur fiktiv bleibt, aber heilsam wirkt.

Zwei orchestral raffiniert eingekleidete, leitmotivisch verarbeitete Nummern gelten nicht von Ungefähr als die letzten großen Schlager der Opernhistorie: „Glück, das mir verblieb“, ob nun von Sopran und Tenor im Duett oder zuletzt als solistische Reminiszenz vorgetragen, sowie „Mein Sehnen, mein Wähnen“, ein langsamer Walzer, der dem Bariton die Möglichkeit gibt zu glänzen. Sie trösten über manch prätentiöse sprachliche Volten des Librettos hinweg, für das der Komponist und sein Vater, der Kritiker Julius Korngold, unter Pseudonym gemeinsam verantwortlich sind.

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