Kunst

Streit um "Muslim* Contemporary"-Ausstellung: Wer erhebt die Fäuste?

Die Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi postete das Foto auf Instagram und machte damit Werbung für das "Black Voices"-Volksbegehren
Die Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi postete das Foto auf Instagram und machte damit Werbung für das "Black Voices"-Volksbegehren(c) Instagram/Faika El-Nagashi
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Die ÖVP-Politikerinnen Sachslehner und Hungerländer orten in einem Kunst-Projekt ein "radikalislamisches Element“ und „linksextreme Gesinnung". Als Beweis dient ihnen ein Foto mit geballten Fäusten. Dabei geht es den Abgebildeten um ein anti-rassistisches Volksbegehren.

War es der Termin, der die ÖVP-Politikerinnen provozierte? Rund um den Jahrestag der "Operation Luxor" gegen angebliche Muslimbrüder zeigte die Akademie der bildenden Künste in Wien die Ausstellung "Muslim* Contemporary". Die "Operation Luxor" im November 2020 war zunächst dom damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) als Erfolg gefeiert worden, später wurden Teile als rechtswidrig erklärt. Ein Jahr später ging es in "Muslim* Contemporary" vier Tage lang darum, den Stellenwert der Partizipation der muslimischen Communities in Österreich zu reflektieren. Fragen wurden gestellt wie "Kann Kunst Gesellschaften verändern?", es gab Workshops etwa zu Rassismus oder einen Vortrag über Klischees von "Orient" und "Okzident". Zu sehen war auch eine Installation aus Perspektive von Betroffenen der Hausdurchsuchungen. Die "Operation Luxor" sei von der Community "als schwerer Angriff verstanden" worden, erklärt Mit-Initiatorin Anahita Neghabat der "Presse". Der Termin sei aber nicht absichtlich gewählt worden.

Diese Ausstellung schlägt nun hohe Wellen: Die Wiener Gemeinderätinnen Laura Sachslehner, zur Zeit der Anfrage bereits Generalsekretärin der Partei, und Caroline Hungerländer haben sich Ende Dezember mit einer schriftlichen Anfrage an die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) sowie Bildungsstadtrat und Vize-Bürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) gewandt. Ihr Anliegen: Sie orten ein "Naheverhältnis zum politischen Islam". Namentlich genannt wird etwa die Muslimische Jugend Österreichs. Sachslehner und Hungerländer stellen die Förderwürdigkeit des Kunstprojekts infrage.

Erhobene Faust

"Zum radikalislamischen Element gesellt sich noch eine linksextreme Gesinnung", kritisieren die Antragstellerinnen – als Beweis dient ihnen ein Gruppenfoto: Auf diesem strecken einige Frauen "mit versteinerter Miene" ihre Faust in die Luft, darunter die SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso sowie die Grüne Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi. Letztere postete das Foto auch auf ihrem Instagram-Kanal und verwies dabei auf das antirassistische "Black Voices"-Volksbegehren.

In der ÖVP-Anfrage heißt es: "Laut einem Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung über linksextreme Symbolik, steht die geballte Faust für 'Kampf- und Gewaltbereitschaft'". Einen Vorwurf, den Neghabat nicht verstehen kann: Abgebildet seien Team und Unterstützerinnen hinter dem "Black Voices"-Volksbegehren.

"Etabliertes Zeichen für anti-rassistische Bestrebungen"

Die Ausstellungs-Initiatorinnen haben gemeinsam mit zahlreichen Institutionen und Interessensvertretungen mit einem offenen Brief reagiert. Unterzeichnet wurde dieser etwa vom Rektor der Akademie der bildenden Künste, Johan Hartle, den Direktorinnen der Kunsthalle Wien (WHW) und Secession-Vorstandsmitglied Ricarda Denzer. Die erhobene Faust sei "etabliertes Zeichen für anti-rassistische Bestrebungen für die Rechte und Gleichbehandlung Schwarzer Menschen", heißt es in dem Brief. 

Sie sehen in der Anfrage einen "politisch motivierten ÖVP-Angriff auf feministische, anti-rassistische Kunst und kritische zivilgesellschaftliche Stimmen". Bei "Muslim* Contemporary" habe es sich um einen Raum gehandelt, "in dem mit künstlerischen Mitteln Fragen von Diskriminierung, Repräsentation und Teilhabe diskutiert und kritisch reflektiert wurden", heißt es im offenen Brief. "Außerdem hieß die Ausstellung Menschen willkommen, denen der Zugang zu etablierten Kulturinstitutionen aufgrund struktureller Diskriminierung oftmals erschwert wird."

Die Vorwürfe „zeugen von Unwissenheit und sind so wild zusammengewürfelt, dass der Eindruck entsteht, die ÖVP konstruiere Vorwürfe, um anti-rassistische, feministische, kritische Stimmen zu diskreditieren und einzuschüchtern“, heißt es in dem Offenen Brief.

Auf diesen wiederum meldeten sich Sachslehner und Hungerländer in einer Aussendung: Es sei „demokratiepolitisches Recht einer Oppositionspartei“, Anfragen zu stellen. Daraus einen Angriff auf die Kunstfreiheit zu konstruieren, sei „völlig absurd“. Das Foto mit den erhobenen Fäusten wird in der Aussendung nicht mehr erwähnt.

>> Offener Brief der Kultur-Insitutionen und Interessenvertretungen

>> Anfrage der ÖVP-Politikerinnen

>> Aussendung von Sachslehner und Hungerländer

>> Muslim* Contemporary

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