Ambulanzenliste

Ärztekammer befürchtet Ansturm wegen Befreiungen von Impfpflicht

Vaccination center in St. Stephen's Cathedral in Vienna
Vaccination center in St. Stephen's Cathedral in ViennaREUTERS / LEONHARD FOEGER
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Gewisse Personengruppen sollen von der Impfpflicht befreit sein. Grundsätzlich können alle inländischen Ambulanzen diese Befreiungen ausstellen. Die Ärztekammer befürchtet daher einen Ansturm auf Ambulanzen.

Im Rahmen der Impfpflicht sind Ausnahmen etwa für Schwangere oder immunsupprimierte Personen vorgesehen. Um die Befreiung von der Impfpflicht nachweisen zu können, braucht es ein ärztliches Attest. Für die Ausstellung dieser Impfbefreiungen kommen neben Amts- und Epidemieärzten grundsätzlich alle Ambulanzen inländischer Krankenanstalten in Frage. Allerdings können sie Befreiungen nur für Personen ausstellen, die dort auch in Behandlung sind. Die Ärztekammer befürchtet nun wegen den Befreiungen von der Impfpflicht großen Andrang bei Spitalsambulanzen. Die Krebshilfe wiederum kritisierte, dass Krebspatientinnen und -patienten von der Impfpflicht ausgenommen sind.

Grundsätzlich ist die Befreiung von der Impfpflicht nur für gewisse Personengruppen möglich. Ausgenommen sind neben Schwangeren unter anderem Personen, die keine ausreichende Immunantwort bilden können - darunter fallen auch Krebspatientinnen und -patienten - und Personen mit Autoimmunerkrankungen oder einer Allergie auf einen oder mehrere Inhaltsstoffe der Impfung.

Ambulanzenliste weit gefasst

In der Verordnung werden nicht nur die Ausnahmegründe für die Impfpflicht aufgezählt, sondern auch jene Stellen genannt, die das Vorliegen dieser Gründe bestätigen dürfen. Das sind einerseits die jeweils örtlich zuständigen Amts- und Epidemieärzte und andererseits "fachlich geeignete Ambulanzen für die dort in Behandlung befindlichen Patienten".

Näher definiert werden diese fachlich geeigneten Ambulanzen dann in einer eigenen Anlage: Diese ist weit gefasst und zählt die möglichen Einrichtungen nicht vollständig auf - vielmehr kommen alle Ambulanzen inländischer Krankenanstalten in Frage, "insbesondere" aber solche für Immunsupprimierte, Dermatologie (etwas bei Autoimmunerkrankungen oder Allergien), Innere Medizin (z.B. Onkologie, Pneumologie), Geriatrie, Neurologie (z.B. Multiple Sklerose) und Transplantationsmedizin. Vizepräsident der Ärztekammer Harald Mayer hält die Impfpflicht-Verordnung für "so schlecht formuliert, dass jeder, der das so lesen will, lesen wird, dass jede Spitalsambulanz solche Impfbefreiungen ausstellen kann". 

„Das wollen ja viele Menschen"

In der Ärztekammer befürchtet man nun, dass sich auch impfkritische Personen, auf die keine der Ausnahmegründe zutrifft, von der Impfpflicht befreien lassen wollen, berichtet das „Ö1-Morgenjournal". "Wenn Spezialambulanzen ihre immunsupprimierten Patienten nach Organtransplantationen oder ihre Karzinompatienten während oder kurz nach einer Chemotherapie behandeln, dann werden sie diesen Patientinnen und Patienten selbstverständlich auch ein Impfbefreiungszertifikat ausstellen", stellte Mayer gegenüber dem „Ö1-Morgenjournal“ am Dienstag klar.  Doch: „Das wollen ja auch viele Menschen, die einfach meinen, sie sind von der Impfpflicht zu befreien, weil sie nicht geimpft werden wollen. Und dafür sind wir nicht da und dafür haben wir keine Kapazitäten“, gibt Mayer zu bedenken.

Das Gesundheitsministerium teilt die Befürchtung der Ärztekammer nicht. Nur die in der Verordnung konkret aufgelisteten Ambulanzen seien dazu berechtigt, Impfbefreiungen auszustellen und das auch nur für die dortigen Patientinnen und Patienten, heißt es im „Ö1-Morgenjournal“. Man erwarte daher keinen Ansturm auf die Ambulanzen.

Krebshilfe und Onkologen kritisieren Ausnahme

Die Krebshilfe und führende Onkologen kritisieren indessen heftig, dass Krebspatientinnen und -patienten von der Impfpflicht ausgenommen sind. Damit seien nun genau jene Menschen ausgenommen, "die einen klaren Vorteil von der Impfung haben", zeigte sich Wolfgang Hilbe, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) in einer Aussendung verärgert. "Die Vorteile einer Corona-Impfung für Menschen mit Krebserkrankungen überwiegen das Risiko einer eventuell nicht ausreichenden Immunantwort bei immunsupprimierten Patientinnen deutlich," ergänzte der renommierte Krebs-Experte Christoph Zielinski. Und Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda berichtete: "Seit der Bekanntgabe laufen die Telefone in unseren Krebshilfe-Beratungsstellen heiß." Die drei Experten stellten klar, das weiterhin ihre gemeinsame Empfehlung gelte, wonach sich Krebspatientinnen und -patienten zu ihrem eigenen Schutz gegen Corona impfen lassen sollten. Sie appellieren an die gesundheitspolitisch Verantwortlichen, "diese Verunsicherung auszuräumen".

Die Gesellschaft für Nephrologie (Nieren- und Bluthochdruckerkrankungen) wiederum sprach eine klare Empfehlung für eine dritte bzw. vierte Corona-Teilimpfung bei Nierentransplantierten aus. Die Impfung schütze organtransplantierte und immunsupprimierte Menschen vor einer schweren Covid-Erkrankung.

Der Fachverband der Personenbetreuung in der Wirtschaftskammer warnte unterdessen vor einem Engpass in der 24-Stunden-Betreuung, weil der russische Sputnik-Impfstoff nicht anerkannt wird. Der Großteil der Betreuerinnen kommt aus Ländern, die auf Sputnik gesetzt haben, die Branchenvertretung schätzt laut "Salzburger Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe), dass etwa 30 bis 40 Prozent der Pflegekräfte aus Rumänien mit diesem Vakzin geimpft sind. Wer zwei Mal mit Sputnik geimpft ist, benötigt zwei weitere in Österreich zugelassene Impfungen.

>>> Zum Beitrag im „Ö1-Morgenjournal"

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(red./APA)

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