007 in Österreich: Wie der Verfassungsschutz arbeitet

oesterreichisch Verfassungsschutz arbeitet
oesterreichisch Verfassungsschutz arbeitet(c) Clemens Fabry
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Die durch die jüngsten Neonazi-Ermittlungen ins Gerede gekommene Behörde gibt sich gern geheim. Islamischer Terrorismus nimmt 80 Prozent der Ressourcen ein – neuer Fokus liegt auf Wirtschaftsspionage.

[WIEN] Es ist eine Adresse, die in keinem Verzeichnis des Innenministeriums aufscheint. Und doch befindet sich an der belebten Straße in der Wiener Innenstadt das Hauptquartier von Österreichs Verfassungsschützern. „Aus Sicherheitsgründen", so heißt es, wolle man die Anschrift nicht an die große Glocke hängen. „Geheim" sei sie dann aber auch nicht.

Das BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) ist eine unter dem Dach des Innenministeriums (BMI) angesiedelte Sicherheitsbehörde. Es ist somit ein Teil der Polizei. Das BVT ist als Nachrichtendienst organisiert. Die Aufgaben sind vielfältig: Im Fokus stehen die Abwehr von Terrorismus (auch mit Bezug zum Ausland) und extremistischen Bestrebungen (Links-, Rechts- und islamischer Extremismus). Daneben wird auch Spionageabwehr betrieben. Wien ist mit knapp 17.000 Botschaftsangehörigen ein Tummelplatz für Spione.

Zudem wird Wirtschaftsspionage auch in Österreich zu einem immer ernster werdenden Problem. Daneben fällt auch der Objekt- und Personenschutz ins Aufgabengebiet des BVT. Aber auch die Beobachtung militanter Tierschützer sowie Waffen- und Atomschmuggel sind Bereiche, die das BVT bearbeitet. Gegründet wurde das Amt im Dezember 2002.

Frauen in leitenden Positionen

Die Beamten kommen vor allem aus der früheren Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus. Die meisten weisen einen Background aus der Kriminalpolizei auf. Manche Ermittler starteten aber auch als Uniformierte in der Gendarmerie (wie der derzeitige BVT-Chef Peter Gridling), andere kommen aus dem juristischen Bereich. In der geheimdienstlichen Arbeit sind längst nicht nur Männer tätig: Im BVT sind einige führende Stellen - auch in operativen Bereichen - mit Frauen besetzt.

In den vergangenen Jahren wurden aus dem Zivilbereich auch Islamwissenschaftler rekrutiert. Allerdings hat das BVT-Probleme, arabisch- oder türkischsprechende Beamte zu finden. Die Beschäftigung mit islamischem Terrorismus hat seit den Anschlägen 2001 drastisch zugenommen. Ein BVT-Offizier berichtet, dass mittlerweile 80 Prozent aller Ermittlungen in diesem Bereich angesiedelt sind. „Agenten", die in James-Bond-Manier auftreten, gibt es aber nicht. Der Großteil der Arbeit verläuft unspektakulär: Quellen werden ausgewertet, Informanten befragt, Lagebilder erstellt, Pläne für Objekt- und Personenschutzmaßnahmen ausgearbeitet.

In der Abteilung Ermittlung geht es noch am ehesten in Richtung „Geheimdienst": Mithilfe moderner Technik werden Observationen und verdeckte Ermittlungen durchgeführt - ein heikler Bereich. Und hier war - angeblich - auch der Vater jenes Studenten, der an der Neonazi-Seite „alpen-donau.info"-Homepage beteiligt sein soll, in leitender Funktion tätig. Laut APA hat ein heimischer Privatgutachter im Oktober Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet. Darin nennt er den Namen des Sohnes des Ex-BVT-Beamten als einen der Hauptverantwortlichen für die Website.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2010)

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