Der Sinn der Matura wurde zuletzt in Zweifel gezogen. Bildungspsychologin Christiane Spiel fordert eine Reform.
Zwei Jahre hintereinander hat eine abgespeckte Matura stattgefunden. Erst heuer soll es wieder eine schriftliche und eine mündliche Reifeprüfung geben. Einige Erleichterungen werden dabei aber bleiben. Eine davon für immer: Die Jahresnote der Abschlussklasse wird im Maturazeugnis mit eingerechnet. Die einen halten den punktuellen Leistungsdruck trotzdem weiter für zu hoch. Die anderen sehen in der Matura nur noch ein leeres Ritual. Interessanterweise stellten zuletzt beide Seiten dieselbe provokante Frage: Braucht es die Matura überhaupt noch?
Tatsächlich ist der von außen beigemessene Wert der Reifeprüfung zunehmend gesunken. Ihre ursprüngliche Funktion zur Bescheinigung einer allgemeinen Hochschulreife „ist längst dahin“, schrieb Philosoph Konrad Paul Liessmann kürzlich in einem Gastkommentar in der „Kleinen Zeitung“. Die Hochschulen verlassen sich trotz Zentralmatura nicht auf die Noten. Sie überprüfen selbst die Eignung. 56.000 Bachelor- und Diplomstudien wurden 2019/20 begonnen. Bei 52 Prozent musste davor ein Aufnahme- oder Eignungsverfahren durchlaufen werden. Auch ein hartes Knock-out-Kriterium ist die Matura nicht. 85,9 Prozent (AHS) bzw. 90,9 Prozent (BHS) der Schüler bestanden die Matura 2020 im Sommertermin.