Frauen

Gewaltschutz-Organisationen sehen "stillen Notruf" skeptisch

Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Frauenministerin Susanne Raab, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) bei der Pressekonferenz zum Thema Gewaltschutz am 8. Februar 2022.
Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Frauenministerin Susanne Raab, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) bei der Pressekonferenz zum Thema Gewaltschutz am 8. Februar 2022.(c) Hans Punz, APA
  • Drucken

Wenn eifersüchtige, gewaltbereite Partner bemerken, dass sich eine Frau Hilfe holt, „könnte das für sie gefährlich werden“, heißt es seitens Frauenschutz-Organisationen.

Im Vorjahr wurden von der Regierung 25 Millionen Euro für den Gewaltschutz von Frauen budgetiert. Gestern - exakt einen Monat vor dem Weltfrauentag am 8. März - wurden neue Maßnahmen präsentiert: Ab März soll demnach eine App verfügbar sein, die einen „stillen Notruf" direkt bei der Polizei absetzt. Zudem soll die Verurteilungsrate von Gewalttätern steigen, wie Innenminister Gerhard Karner, Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) sagten. Die Opposition reagiert auf die Pläne mäßig, Hilfsorganisationen kaum begeistert.

Keine Frauenschutzorganisation sei im Vorfeld in die Pläne der Koalition einbezogen worden, bedauerte Maria Rösselhummer, Geschäftsführerin der Autonomen Österreichische Frauenhäuser, am Mittwoch im Ö1-„Morgenjournal“. Und fügte hinzu: Von der angepriesenen App halte sie überhaupt nichts. „Ich sehe diesen 'stillen Notruf' sehr kritisch“, denn Frauen, die in gewaltsamen Beziehungen steckten, hätten oft kein Vertrauen in die Polizei. „Weil sie entweder selber schon vorher negative Erfahrungen gemacht haben oder Angst haben und nicht genau wissen, was dann passiert.“ 

Auch Claudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, kennt Fälle, in denen betroffene Frauen „von der Polizei nicht ernst genommen wurden“. Und sie ortet eine weitere Schwierigkeit: Eifersüchtige Partner würden nicht selten das Handy ihrer Lebensgefährtin kontrollieren: „Das würde natürlich ein großes Misstrauen hervorrufen.“ Denn: Wer eifersüchtig sei, habe meist die Angst, verlassen zu werden: „Wenn er merkt, dass sie sich vielleicht Hilfe holt oder im Notfall Hilfe holen könnte, dann könnte das für die Frau gefährlich werden“, ergänzte Rösselhummer.

„Mit Projekten nicht so gute Erfahrungen gemacht“ 

Etwas optimistischer die Sichtweise der Opposition: „Ich hoffe sehr, dass die vorgestellte Notruf-App funktionieren wird. In der Vergangenheit haben wir mit digitalen Projekten der Bundesregierung leider nicht so gute Erfahrungen gemacht“, sagte SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Auch FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker begrüßte die Einführung der App, gab aber zu bedenken: „Wir werden leider nicht umhinkommen, die entsprechenden Beratungsstellen für Frauen und für Mädchen in den Regionen auszubauen, weil leider der Bedarf nach wie vor, wenn nicht sogar noch mehr als je zuvor, gegeben ist."

Seitens der Neos ortete man ein weiteres Problem: die nicht vorhandene, statistische Erfassung von Femiziden seitens des Staates. „Wenn nicht einmal Einigkeit über die Anzahl an Femiziden herrscht, wie sollen dann evidenzbasierte und effektive Maßnahmen abgeleitet werden?“, so die pinke Frauensprecherin Henrike Brandstötter.

>>> Bericht im Ö1-„Morgenjournal“ 

(Red./APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gewaltschutz

Stiller Notruf, Studie: Was die Regierung gegen Gewalt an Frauen plant

"Jeder Mord ist einer zu viel": Mit einer neuen Notruf-App, Studien,  der Verbesserung von Prävention und Beweissicherung soll der Schutz von Frauen und Mädchen verbessert werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.