Personalentscheidung

Amtsmissbrauch? Neue Ermittlungen gegen Ex-Justizminister Brandstetter

Eine Personalentscheidung aus dem Jahr 2015 bringt dem ehemaligen Justizminister neue Ermittlungen ein.
Eine Personalentscheidung aus dem Jahr 2015 bringt dem ehemaligen Justizminister neue Ermittlungen ein. APA/BARBARA GINDL
  • Drucken

Wolfgang Brandstetter soll den bestgereihten Kandidaten für eine Stelle im Justizministerium verhindert haben. Die Staatsanwaltschaftschaft Innsbruck ermittelt wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und wirft ihm „grob unsachliches“ Handeln vor.

Der ehemalige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) sieht sich mit neuen Ermittlungen gegen ihn konfrontiert. Konkret geht es um eine Personalentscheidung für eine Abteilungsleitung im Justizministerium im Jahr 2015. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, wie das Ö1-"Morgenjournal“ am Freitag berichtete.

Demnach soll Brandstetter interveniert haben, um den bestgereihten Kandidaten für die Leitung der Präsidialsektion zu verhindern. Dieser hatte bereits mehrere Jahre eine zentrale Abteilung im Justizministerium geleitet und wurde von der unabhängigen Personalkommission „mit wesentlichem Eignungsvorsprung“ an erster Stelle vorgeschlagen.

Brandstetter soll Einwände gegen den Spitzenbeamten gehabt haben. Demnach hätte er Probleme in einem Bereich seiner Abteilung nicht gelöst, außerdem habe es Beschwerden von Nichtakademikern gegeben, die sich schlecht behandelt gefühlt hätten. Hinter vorgehaltener Hand wird allerdings behauptet, dass er beim Minister unter anderem in Ungnade gefallen war, weil er einst eine Honorarnote für ein Gutachten von Brandstetters damaligem Universitätsinstitut aus rechtlichen Gründen abgelehnt hatte. Am Ende soll Brandstetter jedenfalls seine Bestellung verhindert haben. So setzte er ein kommissionelles Hearing ein, für das er selbst die Strippen gezogen haben soll und etwa die Mitglieder der Hearingskommission zusammenstellte. Auch sein Chauffeur soll beim Hearing dabei gewesen sein, so der Vorwurf. Brandstetter bestritt dies in einem „Kurier"-Interview.

Zum Referenten degradiert

Fest steht: Der an erster Stelle gereihte Abteilungsleiter ging am Ende leer aus: Er bekam nicht den Spitzenposten, sondern wurde sogar degradiert, wurde vom Abteilungsleiter wieder zum einfachen Referenten abgestuft. Er bekämpfte die Entscheidung und bekam vom Bundesverwaltungsgericht Recht: Sowohl die Berufung als auch die Versetzung sei „in erheblich unsachlicher und willkürlicher Weise“ erfolgt, befand es. Außerdem ortete es im Hearing ein "Feigenblatt“ - Zeugen hätten von einem „tribunalartigen" Ablauf berichtet.

Brandstetter selbst bestreitet den Amtsmissbrauchsvorwurf, außerdem sei er noch nicht von der Staatswanwaltschaft befragt worden, so sein Anwalt gegenüber Ö1. Für Brandstetter gilt die Unschuldsvermutung.

Unter Druck geraten

Wolfgang Brandstetter war auch Verfassungsrichter am VfGH. Von dort war er im vergangenen Jahr zurückgetreten, nachdem er wegen publik gewordener Chats mit dem suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek und wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses unter Druck geraten war. [>>> Mehr dazu]

Die jüngsten Vorwürfe sind aber nicht die einzige umstrittene Personalie Brandstetters. Anfang des Jahres waren Chats zwischen ihm und Richterin Eva Marek an die Öffentlichkeit geraten, die auf Postenschacher bei der Besetzung einer hohen Justizfunktion hindeuteten. Auch in dieser Causa hatte sich der Ex-Justizminister nicht für die von der Personalkommission erstgereihte Kandidatin entschieden.

>>> Zum Beitrag im Ö1-"Morgenjournal"

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP)
Chatprotokolle

Brandstetter zieht sich doch "mit sofortiger Wirkung" zurück

Ursprünglich hatte der nach veröffentlichten Chats unter Druck geratene Ex-Justizminister seinen Rückzug als Verfassungsrichter für den 1. Juli angekündigt.
Hermann Schützenhöfer (ÖVP)
Rechtsstaat

Angriffe auf Justiz: Schützenhöfer ruft ÖVP zur Mäßigung auf

Der steirische Landeshauptmann nimmt Kanzler Kurz in Schutz - „manche aus seinem Umfeld“ kritisiert er allerdings. Die Chats zwischen Pilnacek und Brandstetter seien „grauslich“, deren Veröffentlichung aber auch.
Der frühere Justizminister Wolfgang Brandstetter ist als Verfassungsrichter zurückgetreten - aus Sicht eines Juristen "die richtige Entscheidung", so der Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff.
"Niveaulos"

Rechtsanwälte-Präsident erwartet gerichtliches Nachspiel für Brandstetter

Die Staatsanwaltschaft könnte laut Rupert Wolff wegen des Verdachts der Amtsgeheimnis-Verletzung ermitteln. Auch ein Vorgehen gegen Pilnacek hält der Präsident der Rechtsanwaltskammer für möglich.
Christian Pilnacek will nicht nur nach seinen "unverzeihlichen" Chats beurteilt werden, die in "völligem Widerspruch" zu seiner Persönlichkeit stünden.
Chat-Affäre

Pilnacek entschuldigt sich: Äußerungen in Chats "unverzeihbar"

Seine Nachrichten im Chat mit Verfassungsrichter Brandstetter seien "nicht zu rechtfertigen und völlig unangemessen“, schreibt Pilnacek, der allerdings auch Kritik am Justizministerium übt.
Wolfgang Brandstetter will sein Amt als Verfassungsrichter bis zum 1. Juli zurücklegen.
Rückzug

Biedermann und der Brandstetter

Schon als Minister hatte Wolfgang Brandstetter zwei Gesichter. Eine Personalaffäre aus dieser Zeit könnte ihn nach den Chats und der Causa Tojner auch noch einholen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.