Junge Forschung

Zum Wohl von Darmpatienten

Timon Adolphs Forschung stellt das Dogma infrage, ob Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend und Omega-6-Fettsäuren entzündungsfördernd sind.
Timon Adolphs Forschung stellt das Dogma infrage, ob Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend und Omega-6-Fettsäuren entzündungsfördernd sind. Thomas Steinlechner
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Heutzutage sind Bauchprobleme kein Tabuthema mehr. Nun erhielt Timon Adolph 1,5 Millionen Euro für die Forschung an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

Ich habe Medizin studiert, um Erkrankungen zu verstehen, zu erforschen und sie dann behandeln zu können“, sagt Timon Adolph. Der 36-Jährige forscht an der Medizinischen Universität Innsbruck an der Entstehung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). In Österreich sind 27.000 Menschen davon betroffen. Neben einer genetischen Komponente haben Umweltfaktoren Einfluss auf die Erkrankung, die typischerweise durch blutigen Durchfall und Bauchschmerzen gekennzeichnet ist. Die verbreitetsten CED sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

„Uns geht es darum zu verstehen, wie diese Erkrankungen entstehen, die in den letzten 30 Jahren dramatisch an Häufigkeit zugenommen haben. Wir wollen herausfinden, wie die westliche Ernährung zur Entstehung oder dem Verlauf einer CED beiträgt“, sagt Adolph. Dass er begann, an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu forschen, war Zufall. „Als Student lässt man sich von Menschen leiten, die dich für ein Thema begeistern und Mentoren sind. Ich bin durch Glück und Zufall an das Labor von Professor Herbert Tilg geraten“, sagt Adolph.

Gute und böse Fettsäuren

Dem 15-köpfigen Team um Adolph gelang es, das Eiweiß GPX4 als einen der Hauptakteure im Zusammenhang zwischen Ernährung und Morbus Crohn zu identifizieren. Bei etwa der Hälfte der Patienten wurde eine reduzierte Aktivität von GPX4 gefunden. „Um die Situation bei Morbus-Crohn-Patienten zu simulieren, haben wir in Mäusen dieses Molekül genetisch ausgeschaltet. Dann haben wir verschiedene Diäten ausprobiert, um zu sehen, ob eine Darmentzündung entsteht“, erklärt der Internist und zukünftige Gastroenterologe. Zur Überraschung des Teams waren mehrfach ungesättigte Fettsäuren das Problem. „Der Grund ist, dass ungesättigte Fettsäuren chemische Doppelbindungen haben, an denen Oxidation stattfinden kann, und GPX4 schützt eben vor den oxidativen Prozessen. Bei Morbus-Crohn-Patienten fehlt dieser GPX4-Schutz. Wenn sie nun ungesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, entsteht eine sogenannte Lipidoxidation. Und das ist ein Auslöser für Entzündungen, die wir messen können.“

Dieser Effekt konnte für Omega-6, aber auch für die als gesund befundenen Omega-3-Fettsäuren festgestellt werden. „Das stellt das Dogma infrage, dass Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend und Omega-6-Fettsäuren stark entzündungsfördernd, sozusagen die ,Bösen‘ sind.“ Dem gebürtigen Deutschen kommt es vor allem auf eine Verbesserung für die Patientinnen und Patienten an: „Bei meiner Arbeit in der Ambulanz für CED sehe ich jeden Tag Patienten, die mich fragen, wie sie sich ernähren sollen.“ Ziel seiner Forschung ist es, konkrete Ernährungsempfehlungen geben zu können. „Wir brauchen noch Parameter, die man leicht im Blut messen kann, um zu sagen: Sie haben ein Problem mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren“, sagt der Mediziner.

Förderung bietet Perspektive

Zur Person

Im Jänner wurde ihm ein ERC-Starting-Grant vom Europäischen Forschungsrat zugesprochen. Die 1,5 Mio. Euro ermöglichen nun genau diese Forschung. „Wir vermuten gewisse Parameter, aber das nachzuweisen, wird die nächsten fünf Jahre füllen. Deswegen bin ich so froh, dass ich die finanzielle Unterstützung der EU bekommen habe, weil sie uns ermöglicht, unsere Forschung zukünftig auf eine klinisch relevante Ebene zu heben.“ Mit der Förderung kann Adolph auch seinem Team eine Perspektive verschaffen, denn „die Finanzierung ist ein leidiges Thema in der Forschung. Der ERC gibt eine gewisse Sicherheit und Kontinuität.“

Ausgleich von der Arbeit findet er beim Schwimmen oder Wandern mit seiner Frau und seinem Sohn. Doch von Forschungsarbeit auf Spitzenniveau kann man nicht einfach abschalten. „Aber wenn es einem Spaß macht, dann muss man's ja auch nicht“, sagt Adolph lachend. Trotz des Erfolges bleibt er bescheiden: „Ich habe hart gearbeitet, aber das tun viele. Am Ende braucht es Glück und richtiges Timing, um solch einen Erfolg feiern zu können.“Timon Adolph (36) studierte an der Med-Uni Innsbruck. Seine PhD-Arbeit, für die er in Cambridge forschte, wurde in der Fachzeitschrift „Nature“ publiziert. Durch finanzielle Förderungen vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF konnte er sich 2013 eine eigene Arbeitsgruppe an der Uni-Klinik Innsbruck im gastroenterologischen Labor aufbauen.

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