Klimawandel

Weltklimarat-Chef: "Nie stand mehr auf dem Spiel"

Der Weltklimarat bespricht derzeit den neuen Sachstandsbericht. WWF-Klimaschutzexpertin Raddatz befürchtet ein "verheerendes Klimachaos" mit immer heftigeren Extremwetterereignissen.

Zum Auftakt zweiwöchiger Beratungen des Weltklimarats IPCC hat dessen Chef Hoesung Lee die Bedeutung des neuen Sachstandsberichts zu den Folgen der Erderwärmung betont. Der Bericht werde dringlich erwartet, "weil noch nie mehr auf dem Spiel stand" als jetzt, sagte Lee am Montag in einer Videoschaltung. Die Auswirkungen des Klimawandels seien schon jetzt weit größer "als unsere Bemühungen, uns ihm anzupassen", warnte die Chefin des UN-Umweltprogramms (Unep), Inger Andersen.

Die zweiwöchige IPCC-Plenarsitzung findet offiziell in Berlin statt, tatsächlich wegen der Corona-Pandemie allerdings weitgehend virtuell. Dabei beraten Vertreter der 195 IPCC-Mitgliedstaaten abschließend über den zweiten Teil des Sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats. Die Arbeitsgruppe II des IPCC hat darin die neuesten Erkenntnisse über die Folgen der Erderwärmung für Mensch und Natur, mögliche Anpassung an den Klimawandel und Risikoanalysen zusammengetragen.

Die Regierungsvertreter diskutieren die rund 30 bis 40 Seiten lange Kurzfassung des Berichts, die sich an politische Entscheidungsträger wendet, Zeile für Zeile und verabschieden schließlich den Text. Damit erkennen die Regierungen die wissenschaftlichen Erkenntnisse offiziell an. Der komplette Bericht soll am 28. Februar veröffentlicht werden.

Auswertung Tausender Studien

Der IPCC betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet Tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen. Zu dem Kernteam, das den nun vorliegenden zweiten Teil des sechsten Sachstandsberichts verfasst hat, gehören rund 270 Wissenschafter aus aller Welt.

Der erste Teil des IPCC-Berichts war im vergangenen August veröffentlicht worden. Darin warnte der Weltklimarat vor einer deutlich rascheren globalen Erwärmung als bisher angenommen. Die Erde werde sich bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen - und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. Die Erderwärmung ist demnach "eindeutig" durch den Menschen verursacht.

WWF rechnet mit düsterer Bestandsaufnahme

Nach Einschätzung der Umweltorganisation WWF dürfte die Bestandsaufnahme des Weltklimarats zu den Folgen der Erderwärmung für Natur und Mensch dürfte düster ausfallen. Zu erwarten sei eine ernüchternde und schonungslose Bilanz der Forscher, erklärte die Klimaschutzexpertin Viviane Raddatz am Montag in Berlin. "In vielen Teilen der Welt stehen Menschen und Ökosysteme heute schon mit dem Rücken zur Wand. Und auch vor unserer eigenen Haustür haben Dürresommer, Sturzfluten, Waldbrände, Hitzewellen und Hochwasserkatastrophen die Klimakrise so greifbar gemacht wie nie zuvor", sagte sie. Werde der Abschied von den klimaschädlichen Energieträgern Kohle, Gas und Öl noch weiter hinausgezögert, drohe der Welt "ein verheerendes Klimachaos" mit immer heftigeren Extremwetterereignissen.

Raddatz forderte, zum Schutz der Lebensgrundlagen müsse der Klimaschutz ab sofort höchste Priorität haben. "Heißt: Raus aus Kohle, Öl und Gas - und zwar so schnell wie möglich!" Um die Staatengemeinschaft hier auf Kurs zu bringen, müsse Deutschland auch seine G7-Präsidentschaft nutzen.

(APA/dpa/AFP)

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