Coronavirus

Befreiung von Impfpflicht: Länder starteten Online-Plattformen

Die Ausnahmegründe seien "aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht in keinster Weise nachvollziehbar", heißt es in einem offenen Brief an Gesundheitsminister Mückstein.
Die Ausnahmegründe seien "aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht in keinster Weise nachvollziehbar", heißt es in einem offenen Brief an Gesundheitsminister Mückstein.(c) Getty Images (Lauren DeCicca)
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Die Bundesländer klagen über den Verwaltungsaufwand und das Fehlen einer bundesweit einheitlichen Lösung für die Befreiungen. Kritik an bestimmten Ausnahmen von der Corona-Pflicht kommt unterdessen von mehreren Fachärzte-Gesellschaften.

In den Bundesländern sind am Montag die Plattformen zur Befreiung von der Corona-Impfpflicht gestartet. Aus diesem Anlass wurde erneut Kritik am Bund laut. Neben der Klage über unnötigen Verwaltungsaufwand stand dabei - wie schon in der Vorwoche - im Zentrum, dass es keine bundesweite Lösung für die Befreiungen gibt.

In Wien kann auf drei unterschiedlichen Wegen um eine Impfbefreiung angesucht werden: Entweder nutzt man das Online-Formular auf "impfservice.wien", man schickt ein E-Mail an "i-attest@ma15.wien.gv.at" oder man wendet sich postalische an die MA 15, also an das Gesundheitsamt. Möglich ist die Eintragung bereits, wie ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Montag mitteilte. Knapp 50 Personen haben das am Vormittag auch schon getan.

Wer sich für die Variante über das Impfservice-Portal entscheidet, kann auch die Handy-Signatur nutzen. Im System muss ein Ausnahmegrund angegeben werden. Auch Nachweise bzw. medizinische Atteste müssen hochgeladen werden. Die berechtigten Amtsärzte bzw. Epidemieärzte prüfen das Gesuch und entscheiden, ob ein Ausnahmegrund vorliegt oder nicht. Das Resultat dieser Prüfung bekommt man postalisch oder per Mail zugesandt.

Technische Voraussetzungen noch nicht geschaffen

Als problematisch erachtet man im Büro von Hacker die Tatsache, dass ab 15. März kontrolliert wird. Wer einen Antrag gestellt hat, aber noch keine Entscheidung zugestellt bekam, kann dies bei einer Kontrolle geltend machen. Wird ein Ausnahmegrund dann anerkannt, wird das Verfahren eingestellt. Das Behördenverfahren sei damit in diesen Fällen ein unnötiger Verwaltungsaufwand, wird beklagt. Nicht durchführbar ist aus Wiener Sicht auch das automatisierte Strafen - jedenfalls nicht, solange die Stadt keine Eintragung in Elga vornehmen kann. Das sei derzeit noch nicht möglich, hieß es.

Solange diese technischen Voraussetzungen seitens des Bundes nicht geschaffen sind, könne es kein automatisiertes Strafen geben, betont man im Hacker-Büro. Das Übertragen in das noch zu schaffende Elga-System zu einem späteren Zeitpunkt stelle zudem einen doppelten Verwaltungsaufwand für die Länder dar. Denn es müssten alle Fälle noch einmal abgearbeitet werden, kritisiert man.

Bundesländer „müssen eigene Lösungen schnitzen"

Auch in Salzburg hätte man es als zielführender und praktikabler erachtet, wenn der Bund, der ja die Impfpflicht erlassen habe, die technischen Modalitäten zur Ausnahme geregelt und eine einheitliche Lösung geliefert hätte. "Wir haben mit Verwunderung festgestellt, dass jetzt die Bundesländer eigene Lösungen schnitzen müssen", sagte ein Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

Im Land Salzburg gibt es einen eigenen Datenschutzbeauftragten, der im Vorfeld der Prozesse engsten eingebunden ist. Auf der Homepage des Landes ist ein Formular für die Beurteilung einer Ausnahme von der Impfpflicht ab sofort abrufbar. Personen, die in aktueller Behandlung in einem Krankenhaus sind, sollen die Möglichkeit einer Eintragung und Bestätigung einer allenfalls bestehenden Impfpflichtausnahme direkt im Krankenhaus erhalten. Alle anderen können eine Bestätigung einer Ausnahme von der Impfpflicht nach Diagnose durch ihren Arzt oder Ärztin (in der Regel durch Fachärzte) von einem Epidemiearzt oder einer Epidemieärztin ausgestellt und eingetragen bekommen.

Auch andere Bundesländer vermissen zentrale Plattform

In Tirol zogen die Verantwortlichen am frühen Montagnachmittag eine positive erste Bilanz. Es sei zu keinen Problemen gekommen, am Vormittag seien bereits 75 Anträge eingereicht worden. In puncto Datenschutz verwies das Land auf das Impfpflichtgesetz, das die Rechtsgrundlage für das Online-Tool bilde und definiere, welche Daten wie verarbeitet werden und wer die Verantwortlichen sind. Hinweise zum Datenschutz würden beim Aufruf des Formulars angezeigt, wurde betont. Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) hatte vergangene Woche Kritik am Bund geäußert und auf die "zahlreichen Versuche vonseiten der Länder" eine bundesweit einheitlichen Lösung herbeizuführen verwiesen.

In Vorarlberg wurden bis zum späten Montagvormittag 32 Anträge auf der Einmeldeplattform zur Impfpflicht-Befreiung des Landes verzeichnet. "Bis dato läuft alles ohne Probleme", hieß es bei der Landespressestelle. Erneuert wurde die Kritik, dass es keine bundesweite Plattform gibt: "Das wäre sinnvoller gewesen."

Im Burgenland ist die angekündigte Plattform für Anträge zur Befreiung von der Impfpflicht am Montag online gegangen. Über die Webseite e-government.bgld.gv.at/impfbefreiung können Betroffene ihre Befunde und Atteste hochladen, die dann von Epidemieärzten geprüft werden. Das Ergebnis der Prüfung bekommt man per Mail, hieß es vom Koordinationsstab Coronavirus des Landes. Dieses System sei entwickelt worden, weil es keine bundesweite Lösung gebe. Für Burgenländer gebe es mit der Plattform nun eine zentrale Stelle zur Befreiung von der Impfpflicht.

In Niederösterreich waren bis Montagnachmittag (Stand: 14.30 Uhr) nach Angaben aus dem Landhaus in St. Pölten 197 Ansuchen zur Impfpflicht-Befreiung eingegangen. Das entsprechende Online-Formular findet sich unter www.noe.gv.at/impfpflicht. Es ist seit Montag um 8.00 Uhr online. LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) und Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) hatten erst vergangene Woche "unausgegorenes Vorgehen" des Gesundheitsministeriums in der Causa kritisiert. Gleichzeitig forderten sie "bundesweit einheitliche Lösungen anstatt eines Wildwuchses unvernetzter Plattformen" ein.

Auch in Oberösterreich war das Portal zur Befreiung von der Covid-19-Impfpflicht Montagfrüh online gegangen. Mit Stand 13:00 waren laut Krisenstab 50 Anträge eingegangen.

Kritik von Fachärzten an Ausnahmen

Mehrere Fachärzte-Gesellschaften kritisieren indes bestimmte Ausnahmen von der Corona-Impfpflicht. "Die neue Impfpflicht-Verordnung widerspricht gängigen Empfehlungen für unsere Patientinnen und Patienten", kritisieren Experten der Nephrologie, Rheumatologie, Gastroenterologie und Transplantationsmedizin in einem offenen Brief an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Die Ausnahmegründe seien "aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht in keinster Weise nachvollziehbar".

"Aus verlässlichen Studien wissen wir, dass das Risiko für einen schweren Verlauf bzw. an einer Covid-Infektionen zu versterben für unsere Patientinnen und Patienten, wenn sie ungeimpft sind, deutlich höher ist als für andere Personen", warnten die Mediziner. Nun seien in der Verordnung zum Impfpflichtgesetz aber genau diese Patienten von der Impfpflicht ausgenommen. "Diese Verordnung steht in krassem Gegensatz zu den Impfempfehlungen des Nationalen Impfgremiums, das die Impfung in diesen Patientengruppen empfiehlt und hoch priorisiert", wird betont. Patienten seien nun verunsichert.

"Wir appellieren deswegen an die gesundheitspolitisch Verantwortlichen, diese Verunsicherung auszuräumen", fordern die Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN), die Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR), die Rheumaliga, Austrotransplant und die Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH). Patienten mit einer entzündlich rheumatischen, gastrointestinalen oder nephrologischen Erkrankung bzw. vor oder nach einer Transplantation sollten sich "impfen und auch boostern lassen", so die Empfehlung.

Auch die Leiter der drei Abteilungen für Rheumatologie an den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien regierten in einer eigenen Stellungnahme "mit Befremden" auf die Ausnahmen von der Covid-19-Impfpflicht. Die Mediziner boten ihre Mithilfe bei einer Überarbeitung der Passage an.

(APA)

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Ab Montag können Unterlagen digital eingereicht werden. Sie werden dann von Epidemieärzten überprüft. Da die Schnittstelle zur elektronischen Gesundheitsakte aber noch fehlt, dürfte die Eintragung der Befreiung in den elektronischen Impfpass voraussichtlich nicht vor Ende April möglich sein.

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