Mein Dienstag

Naomi

FILE AUSTRIA NAOMI CAMPBELL
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Von allen Supermodels der 90er-Jahre gilt mit Naomi Campbell die einzige schwarze Frau als Diva mit Allüren.

Vor ein paar Tagen lief im Fernsehen ein Interview mit Supermodel Naomi Campbell, die ihre erfolgreichste Zeit in den 80er- und 90er-Jahren hatte. Warum denn der Ruf einer Diva mit Allüren an ihr hafte, wird sie darin gefragt. Sie wisse es nicht, antwortet sie. Aber sie habe einen Verdacht. Manchmal sage sie eben Nein, wenn Modedesigner, Fotografen und Journalisten sie um etwas bitten würden, das sie nicht machen wolle. Darauf reagierten viele ungehalten.

Hört sich nicht wie eine Ausrede an, diese Erklärung. Ganz im Gegenteil. Dass von einer jungen Frau erwartet wird, Anweisungen von – zumeist männlichen – Profis aus der Branche zu folgen und ihre Wünsche zu erfüllen, klingt sogar sehr plausibel und nachvollziehbar. Noch dazu von einer schwarzen jungen Frau. Das gab es bis dahin noch nicht.

Diese Erfahrung – dass also ein Nein nicht akzeptiert und als Provokation bzw. Majestätsbeleidigung aufgefasst wird, die zumeist Missmut zur Folge hat – machen insbesondere Personen, die aus irgendeinem Grund nicht der Norm eines Settings entsprechen. Wegen ihres Alters zum Beispiel, ihres Geschlechts, ihrer sozialen Herkunft oder weil sie einen Migrationshintergrund haben.

Was Naomi Campbell passiert sein dürfte, kommt jeden Tag auf allen möglichen Arbeitsplätzen vor – in Supermärkten, Büros, Küchen, Agenturen, Ministerkabinetten, Zeitungsredaktionen. Und gehört zu den infamsten und niederträchtigsten Arten von Diskriminierung, weil sie subtil erfolgt und kaum Möglichkeiten zur Gegenwehr lässt. Übrig bleibt ein dauerhafter Nimbus. Denn während, sagen wir, ein Mann mittleren Alters, der eine ihm aufgetragene Aufgabe begründet ablehnt, zumeist als selbstbewusst gilt, wird eine junge Frau als anmaßend und eingebildet abgestempelt. Hat die junge Frau Migrationshintergrund, ist sie auch noch undankbar. Eingeschränkte Karriereaussichten inklusive.

Mit dieser Darstellung werden jetzt viele nicht einverstanden sein. Diesen geschätzten Leserinnen und Lesern sei in einer ruhigen Minute die ehrliche und selbstkritische Auseinandersetzung mit einem Phänomen ans Herz gelegt, das sich soziale Homophilie nennt.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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