Lotte de Beer, designierte Direktorin der Wiener Volksoper, inszeniert im Theater an der Wien „Jenůfa“ von Janáček. Mit der „Presse“ sprach sie darüber – und über ihre Pläne für die Volksoper. Mit „Lulu“ wird sie jedenfalls nicht beginnen.
Leoš Janáček ragt wie ein erratischer Block in die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts – nahezu ohne Vorläufer und ohne Nachfolger –, aber wohin gehört er theatralisch: zum Naturalismus der Russen oder zum tschechischen Verismo?
Man denkt gleich an Verismo, aber der ist bei Janáček anders. Bei ihm geht es um das Innere der Menschen, man hört zuerst die Seele, erst dann die tägliche Realität. Sein Stil atmet den Geist des Naturalismus ebenso wie den des Verismo, man denkt an Tschechow wie an Puccini. Es geht um Menschen, darum, wer sie sind. Um sie zu zeigen, hat er eine Weise gefunden: analytisch, ehrlich, fast hart, aber stets mit großem poetischen Mitgefühl.