Anna Gassers Flug zu Gold: "Ich hatte diesen Trick noch nie im Wettkampf gezeigt"

OLYMPICS - Winter Olympic Games Beijing 2022
OLYMPICS - Winter Olympic Games Beijing 2022(c) GEPA pictures/ Patrick Steiner
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Snowboard-Freestylerin Anna Gasser, die bei den Olympischen Spielen in Peking im Big Air erneut die Goldmedaille gewonnen und ihren Titel von 2018 verteidigt hat, ist guter Laune. Über Jump, Methode, Liebe, Zukunft, Heimat - und den „Cap Double 1260“.

Gratulation, Sie sind Doppelolympiasiegerin. Wie sehen Ihre Emotionen aus?

Anna Gasser: "Es wird dauern, bis ich das realisiere. Es ist so unerwartet für mich. Es hat heuer nie hundertprozentig gepasst, und heute nach all den Monaten in denen ich ein bisschen Pech hatte, hat alles zusammengepasst. Das macht es umso schöner."

Wie war Ihre Herangehensweise?

"Dieses Mal habe ich gar nicht so an das Ergebnis gedacht. Ich wollte einfach meine Tricks machen und mein Bestes zeigen. Ich wäre auch mit Bronze heute zufrieden gewesen. Es war ein schweres Training. Zweimal hatte ich keinen Speed, dann hat sich der Clemens (Lebensgefährte Clemens Millauer brach sich im Training den Knöchel, Anm.) verletzt - eigentlich war die Vorbereitung für den Wettkampf extrem schwer."

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OLYMPICS - Winter Olympic Games Beijing 2022(c) GEPA pictures/ Patrick Steiner

Wie haben Sie dann den Wettkampf erlebt?

"Ich wollte eigentlich mit dem Cab Double 1260 (der Goldsprung am Ende, Anm.) starten, aber es war minimaler Uphill-Wind. Ich habe mein Programm umgestellt, weil ich mir gedacht habe: Ich habe nicht den Speed, dass ich den verkehrt anfahre. Dabei habe ich mir extra was Enges heute angezogen. Es war heute wirkliches Freestyle-Snowboarden, weil alles sehr spontan entschieden worden ist."

Was ist Ihnen vor dem letzten Sprung durch den Kopf gegangen?

"Dass ich eine Medaille habe, hat natürlich ein bissi gehoffen. Ich wusste, ich fahre nicht mit leeren Händen heim, habe zwei super Tricks gestanden. Und diesen einen Trick habe ich noch nie im Wettkampf gemacht, aber ich habe ihn so hart trainiert, ich wollte ihn unbedingt im Wettkampf zeigen. Ich habe mir gedacht: Ich hätte es mir verdient, dass ich den lande. Wegen diesem Trick bin ich hergefahren. Ich habe ihn in keinem Training gemacht, aber ich habe innerlich gewusst: Ich könnte nicht besser vorbereitet sein."

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OLYMPICS - Winter Olympic Games Beijing 2022(c) GEPA pictures/ Patrick Steiner

Hat Sie die Verletzung von Ihrem Lebensgefährten Clemens Millauer letztlich gar nicht so sehr gestört, oder war es ein zusätzlicher Push?

"Ich war nicht gut drauf nach den Trainings. Ich habe damit gehadert, dass ich den Trick trainiert habe und es daran scheitert, dass ich im Anlauf zu langsam bin. Als er sich wehgetan hat, habe ich gar nicht mehr so an den Bewerb gedacht, meine Perspektive hat sich ziemlich verändert. Man denkt sich dann, dass es wichtigere Sachen als die Medaille gibt. Der Clemens ist so eine wichtige Person für mich, eine Stütze. Ich wusste im ersten Moment nicht, wie ich das schaffen soll. In Korea war er die Person, die mir geholfen hat und mich beruhigt hat. Aber ich habe mit ihm vor dem letzten Sprung telefoniert. Irgendwie ist er doch heute mitgefahren."

Was haben Sie besprochen?

"Wir haben schon vor dem zweiten Sprung telefoniert (lacht). Wir haben uns da für die Sicherheitsvariante entschieden. Vor dem letzten Sprung hat er gesagt: Anna, du kannst den, hau ihn einfach raus!"

Wie geht es weiter, wie schaut Ihre Zukunft aus?

"Ich habe ehrlich gesagt keinen Plan gemacht, was nach dem Big Air kommt. Es macht mir nach wie vor so viel Spaß und Freude - es ist meine Leidenschaft. Solange ich sehe, dass ich mich weiterentwickle, dass ich besser werde, ist es schwer aufzuhören. Ich sehe, dass meine Tricks heuer besser sind als letztes Jahr. Ich muss natürlich auch gesund bleiben, es kann mit einem Sprung alles vorbei sein. Ich werde das jetzt einfach Freestyle weitermachen und nach Gefühl und Laune entscheiden."

Das heißt, Sie planen, sich weitere vier Jahre weiter zu entwickeln?

"Ganz auszuschließen ist es nicht, aber es ist eher unwahrscheinlich. Das einzige ist: Ich wäre so gern einmal in Europa bei Olympischen Spielen. Jetzt war ich in Russland, Korea und China - ist auch schön -, aber dass einmal meine Eltern und Lieben in der Nähe wären und nicht um zwei Uhr in der Früh aufstehen müssen, um meinen Bewerb zu schauen, das wäre der einzige Grund, warum ich es noch einmal durchziehen würde."

Wie wird der heutige Abend ausschauen?

"Ich wollte nicht vorausdenken, ich habe mich gar nicht danach erkundigt, was möglich wäre. Wir werden heute schon im Team feiern. Im Slopestyle waren wir sehr überrascht, wie locker unser Hotel war. In der Blase war es sehr locker und ich habe mit denen, die am Podest waren, den Abend verbracht."

Wie sehr freuen Sie sich auf daheim?

"Ich bin jetzt schon so lange da, es sind jetzt fast drei Wochen, ich freue mich schon sehr auf daheim. Man schätzt dann einfach Österreich noch mehr. Und dann werde ich den Clemens im Krankenhaus besuchen, oder ihn hoffentlich abholen und mitheimnehmen. Das müsste sich eigentlich ausgehen. Und dann? Ich weiß es nicht - das ist so schön."

(APA/Fin)

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