Handel

Die Sorgen des Handels

APA/ROBERT JAEGER
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Der Fachkräftemangel im Handel hat sich massiv verschärft. Demos in Innenstädten und FFP2-Maskenpflicht schmälern die Konsumlust. Die Umsätze steigen, doch die Divergenz ist größer denn je.

Nach fast zwei Jahren Coronapandemie hat der heimische Handel die Krise nur dem Anschein nach überwunden. Insgesamt würden die Umsätze zwar anziehen, doch die Divergenz sei größer denn je, räumte Handelsobmann Rainer Trefelik ein. Dazu habe sich der Fachkräftemangel in der Branche massiv verschärft, aktuell werden im Handel 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Wöchentliche Demos in den Innenstädten und FFP2-Maskenpflicht schmälerten die Konsumlust der Menschen.

Auch nach dem Ende der 2G-Kontrollen springe das Geschäft nicht an, "wie wenn man einen Lichtschalter einschaltet", sagte Trefelik am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz. Seit Samstag dürfen österreichweit auch Ungeimpfte wieder in allen Geschäften einkaufen, doch Corona-Demonstrationen, die die Wiener Ringstraße lahmlegten und die Innenstadt blockierten, seien kein Umfeld für ein positives Shoppingerlebnis, so Trefelik.

Der Handelsvertreter schlägt Speakers Corners, also Versammlungsplätze, an Flächen vor, die zentral gelegen sind, aber nicht die Hauptverkehrsstraßen lahmlegen. Dort könnten dann alle ihre Anliegen vortragen.

16.000 Stellen unbesetzt

Ein Problem, das derzeit viele Branchen haben, hat auch den Handel mit voller Wucht erwischt. Aktuell sind rund 16.000 Stellen unbesetzt, über ein Drittel mehr als 2020. "Wir brauchen durchgehend offene Geschäfte und es macht auch keinen Spaß, monatelang mit Maske zu arbeiten", sagte Trefelik. Mit einem höheren Einstiegsgehalt habe man bei den letzten KV-Verhandlungen ein Signal gesetzt, so der Branchenvertreter. Mit 1. Jänner 2022 wurde das Einstiegsgehalt für Vollzeitbeschäftigte auf 1800 Euro brutto angehoben. Im Handel arbeitet ein Großteil der Frauen allerdings Teilzeit.

Insgesamt ist die Zahl der Beschäftigten 2021 im Vergleich zu 2020 um fast 3 Prozent auf 301.300 gestiegen, was auch an der Möglichkeit zur Kurzarbeit gelegen sei. Die Beschäftigungsentwicklung spiegelt zudem die Entwicklung in den jeweiligen Branchen wider: Im Onlinehandel, der in der Coronakrise stark profitierte, wurde das Personal um mehr als ein Viertel aufgestockt, im Schuhhandel, der zu den Verlierern zählt, um 6,5 Prozent abgebaut.

In Summe sei das Jahr 2021 gut gelaufen, doch die Durchschnittsbetrachtung alleine reiche nicht aus, so Trefelik. Während Onlinehandel, Lebensmittelhandel und alles, was die eigenen vier Wände verschönere, Umsatzzuwächse erzielten, würden modische Branchen wie Bekleidungs- und Schuhhandel, aber auch Spielwarengeschäfte oder Elektrohändler deutlich hinter dem Vorkrisenniveau hinterherhinken. Insgesamt stiegen die Nettoumsätze im österreichischen Einzelhandel von 70,1 auf 73,6 Mrd. Euro im Jahr 2021 an. Im Jahr vor der Krise, also 2019, lag der Wert bei 70 Milliarden Euro.

Für heuer seien die Vorzeichen positiv. Die Konsumausgaben dürften wieder stärker steigen, die Sparquote und die Arbeitslosenquote sinken. Die aktuell hohe Inflation werde vielfach als temporäre Entwicklung eingestuft. "Die Preisentwicklung im Lebensmittelhandel wirkt nach wie vor inflationsdämpfend", sagte Peter Voithofer vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung. Im Großhandel sei es hingegen aufgrund von Lieferengpässen und Verwerfungen in den Lieferketten 2021 zu einer Preissteigerung von 10 Prozent gekommen. Die Jahresinflation lag im Vorjahr bei 2,8 Prozent.

Sorge vor dem nächsten Herbst

Handelsobmann Trefelik plädiert dafür, mit dem Virus leben zu lernen. "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben." Er habe schon große Sorge vor dem nächsten Herbst. Der Handelsvertreter, der selbst ein Modegeschäft im 1. Bezirk in Wien betreibt, will 2023 einen Opernball haben und auch die Ballsaison insgesamt gesichert wissen. Auch unterschiedliche Herangehensweisen in der Pandemie würden ihn ärgern, etwa, dass Wien immer wieder justament einen anderen Weg einschlage. 2021 habe es im Handel 59 Lockdown-Tage gegeben, in Wien seien es 31 Tage mehr gewesen. Darin sieht der Branchenobmann eine massive Wettbewerbsverzerrung. Auch gebe es in Wien seit Juli 2020 durchgehend eine FFP2-Maskenpflicht.

Verschiedene staatliche Hilfsmaßnahmen hätten dafür gesorgt, dass es noch keine Schließwelle im Handel gab. "Damit uns das 2023 nicht um die Ohren fliegt, brauchen wir eine Verlängerung", forderte Trefelik.

(APA)

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