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Landeshauptleute über Öffnungen zufrieden, aber teils mit "Bauchweh"

Die Bundesregierung verkündete am Mittwoch ein "Frühlingserwachen" - und das Aus für einen Großteil der Corona-Maßnahmen in Österreich.
Die Bundesregierung verkündete am Mittwoch ein "Frühlingserwachen" - und das Aus für einen Großteil der Corona-Maßnahmen in Österreich.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Hermann Schützenhöfer und Peter Kaiser zeigen sich zurückhaltend. Wilfried Haslauer will noch einmal den Rat der Wissenschaft einholen. Und Hans Peter Doskozil hat noch einige offene Fragen.

Die Landeshauptleute sind mit dem angekündigten Aus der meisten Corona-Maßnahmen grundsätzlich zufrieden, einige haben aber Vorbehalte. Kärnten ist zurückhaltend, dem steirischen LH Hermann Schützenhöfer (ÖVP) bereitet die komplette Öffnung "Bauchweh", der oö. LH Thomas Stelzer (ÖVP) sieht nur einen "Etappensieg". Salzburgs LH Wilfried Haslauer (ÖVP) möchte vor dem 5. März noch einmal den Rat der Wissenschaft einholen. Für Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist einiges offen geblieben.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat nach dem Corona-Gipfel mit der Bundesregierung erklärt, Kärnten sei bei den Lockerungen mit an Bord. Allerdings mit Vorbehalt, wie er vor Journalisten sagte. "Wir tragen das mit, wenn die Prognosen eintreffen und die Zahlen es zulassen." Kaiser sprach sich dafür aus, dass die Coronatests weiter gratis bleiben sollten, und zwar zumindest so lange, wie Tests Voraussetzung für den Zutritt etwa zu Spitälern oder Heimen seien.

Variante BA2 als Unsicherheitsfaktor

"Die Pandemie ist nicht vorbei, aber die Entwicklung geht in eine Richtung, die Lockerungen erlaubt", sagte der Landeshauptmann. In Kärnten habe man den Höhepunkt der Omikronwelle verzögert, daher gebe es derzeit eine sehr hohe Inzidenz. Daher könne man nicht mit Sicherheit sagen, dass man den Zeitplan der Bundesregierung umsetzen werde. Kaiser: "Wenn es aber entsprechend nach unten geht, werden wir auch bezüglich des Zeitplans dabei sein." Er mahnte aber weiterhin zur Vorsicht und appellierte an die Bevölkerung, die Schutzmaßnahmen wie Masken, Abstand und Hygiene nicht über Bord zu werfen. Die Experten hätten den Vorschlägen der Bundesregierung zugestimmt, sagte Kaiser, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Vorhersagen der Prognostiker tatsächlich eintreffen. Die Entwicklung könne nicht ganz genau eingeschätzt werden, da noch unklar sei, wie sich die BA2-Variante des Virus verhalte, dies stelle einen Unsicherheitsfaktor dar.

"Wir werden die Freiheit zurückbekommen, von der wir schon zwei Jahre reden", meinte Schützenhöfer. Die großen Öffnungsschritte hätten mit einer stabilen Lage in den Krankenhäusern zu tun - "das ist und bleibt das Wichtigste". Deshalb "können wir uns aus den Einschränkungen befreien". Expertinnen und Experten, die bei dem virtuellen Treffen dabei waren, hätten auf seine Frage hin gemeint, dass es kein Pyrrhussieg sei, die Lockerungen seien vertretbar. Die Durchimpfungsrate sei gut genug, aber man müsse sie weiter steigern. Für Ungeimpfte seien die Öffnungsschritte so gesehen eine "goldene Brücke", um sich ohne Druck impfen zu lassen.

„Wer wagt, der gewinnt"

Das alles sei durchaus in seinem Sinne, erklärte Schützenhöfer. Aber "ich habe schon ein bisschen Bauchweh wegen der kompletten Öffnung am 5. März, aber wer wagt, gewinnt, und wenn das zu einer Aufwärtsentwicklung der Sonderklasse bei der Infektionen führen würde, müsste man sowieso handeln. Aber man hat sich nun mal dazu entschlossen, einen größeren Schritt zu wagen."

In Salzburg gab man sich mit dem Ergebnis des heutigen Gipfels in einer ersten Stellungnahme zufrieden: "Wir begrüßen, dass es jetzt Klarheit gibt, was den Pfad der Öffnungen mit 19. Februar und 5. März betrifft", erklärte Haslauers Sprecher. Salzburg werde aber vor dem 5. März noch eine eigene wissenschaftliche Schleife einziehen, um auf die individuelle Corona-Situation in Salzburg einzugehen. Die vom Bund gesetzten Maßnahmen würden nur die Unterkante festlegen, das Bundesland könne noch eigene Maßnahmen setzen, falls diese erforderlich seien.

Der internationalen Expertenkommission, welche die Situation in Salzburg beleuchten soll, gehören auch ein Aerosol-Spezialist und ein Soziologe an. Falls die Wissenschafter zu dem Schluss kommen, dass andere Maßnahmen notwendig sind, würden diese rechtzeitig vor dem 5. März der Öffentlichkeit mitgeteilt, hieß es.

Einheitliche Lösung für Teststrategie gefordert

Was die Teststrategie betrifft, sprach sich Haslauer dafür aus, dass der Bund eine einheitliche Lösung findet. Für sensible Bereiche sollten die Tests weiterhin kostenlos sein. "Mein Zugang ist, dass die behördlichen Tests und dort, wo man sie unbedingt braucht, kostenlos bleiben. Alle anderen, freiwilligen Testmöglichkeiten sollten nicht mehr gratis angeboten werden", erklärte Haslauer.

Prinzipiell begrüßte auch Doskozil die Öffnungsschritte, im Burgenland sei eine klare Entspannung der Lage erkennbar. Keinesfalls dürfe man dieselben Fehler wie letztes Jahr machen. Viele Expertinnen und Experten seien sich einig, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Verschärfung der Lage im Herbst realistisch ist. Es sei daher ein klarer Fahrplan für die nächsten Monate notwendig. Das Burgenland werde so eine Strategie präsentieren, versicherte Doskozil.

Wie geht es mit der Impfpflicht weiter?

Offen geblieben sei nun auch die Vorgehensweise in Schulen, insbesondere der Umgang mit der Maskenpflicht für Lehrpersonal sowie die Fortführung der Teststrategie. Noch offen geblieben sei außerdem die Vorgehensweise mit der Impfpflicht. Es sei eine Kommissionsentscheidung vor 15. März in Aussicht gestellt worden, die möglicherweise zu einer temporären Aussetzung der Impfpflicht führt. "Diese Entscheidung hätte ich mir bereits heute erwartet, da es ein klarer Widerspruch ist, mit 19. Februar in eine 3G-Systematik zu gehen bzw. mit 5. März die 2- und 3G-Systematik generell aufzugeben, aber gleichzeitig die Impfpflicht zu vollziehen", meinte Doskozil. "Daher gehen wir im Burgenland davon aus, dass es auch heutiger Sicht für die nächsten Monate zu keinem Vollzug der Impfpflicht kommen kann."

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach von einer "fast vollständigen Rückkehr zur Normalität". Die Entscheidung der Bundesregierung sei "vollkommen richtig", so Platter und verwies auf milde Omikron-Krankheitsverläufe sowie eine stabile Lage in den Spitälern - vor allem auf den Intensivstationen. Es bestehe keine Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystem - dieses "erfreuliche Lagebild" habe die Expertenkommission Gecko bei den Beratungen gezeichnet. "Weil das Virus aber nicht komplett verschwinden wird", müsse man trotz Lockerungen weiterhin wachsam bleiben und die Situation im Auge behalten. Die Eigenverantwortung werde auch in den kommenden Wochen und Monaten eine große Rolle spielen - so wie auch das Impfen. "Ganz entscheidend wird der vierte Stich vor der kalten Jahreszeit sein, um bestmöglich für den Winter gerüstet zu sein", betonte der Landeshauptmann.

Alle Maßnahmen der vergangenen zwei Jahre seien auf Basis wissenschaftlicher Einschätzungen und Empfehlungen gesetzt worden, erinnerte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). "Und das war auch gut und richtig so. Umso erfreulicher ist es, dass die Expertinnen und Experten nun zur Einschätzung gelangt sind, dass weiter geöffnet werden kann."

Stelzer und Wallner mahnen weiterhin zur Vorsicht

Der oö. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) freute sich zwar über die Lockerungen, appellierte aber auch daran, sich zeitnah auf den Herbst vorzubereiten. "Niemand weiß heute, welche Situation uns im Herbst erwartet", man brauche "rechtzeitig eine gesamtheitliche und gemeinsame Strategie" für diese Zeit. "Die Entwicklung des Virus erlaubt uns, die Einschränkungen in Abstimmung mit Experten vorerst deutlich zu reduzieren. Damit kehren wir zum Frühlingsbeginn mit großen Schritten zur Normalität zurück", so Stelzer. Aber es sei weiterhin Vorsicht geboten "und jeder ist gefordert, eigenverantwortlich zu handeln", mahnte er. "Das Rennen ist noch nicht vorbei."

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, sah angesichts der Öffnungsperspektive die "Zeit für mehr Eigenverantwortung" gekommen. Er sei mit dem Ergebnis der Gespräche zufrieden, die Richtung stimme, das Tempo auch. "Bis 5. März werden die Zahlen weiter zurückgehen, dann können wir in der Breite öffnen", sagte Wallner. Allerdings sei die Pandemie noch nicht vorbei, es gelte wachsam zu bleiben. Man habe die Lehren aus den vergangenen beiden Jahren gezogen und werde einerseits die weitere Entwicklung und die Ausbreitung des Coronavirus genau beobachten. Andererseits werde man sich auf den Herbst vorbereiten, sollte möglicherweise erneut geimpft werden müssen. "Der milde Verlauf ist nicht gepachtet", stellte Wallner fest. Daher sei es auch richtig, die Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt beizubehalten. "Es ist zu früh zu sagen, dass wir sie nicht brauchen", so Wallner. In Sachen Teststrategie erwartete Vorarlbergs Landeshauptmann ein Zurückfahren auf das "international Übliche". Gratis-Testungen werde es nach Ende März wohl nur in den behördlich vorgeschriebenen Fällen geben.

(APA)

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