Der zuständige Richter kommt in seiner Begründung zu dem Urteil, dass die Rede des damaligen US-Präsidenten einem "Aufruf zu kollektiven Taten“ gleichkomme.
Bei der juristischen Aufarbeitung der Erstürmung des Kapitols in Washington vor gut einem Jahr kann laut einem Gerichtsurteil auch der damalige US-Präsident Donald Trump vor Gericht gestellt werden. Trump genieße in diesem Fall keine präsidiale Immunität, entschied ein Bundesrichter in Washington am Freitag (Ortszeit). Gegen den Ex-Präsidenten haben mehrere Volksvertreter und Polizisten drei Klagen eingereicht, weil sie ihn direkt für die Gewalt verantwortlich machen.
Richter Amit Mehta entschied, diese Klagen seien zulässig, weil es sich bei Trumps Verhalten an diesem Tag um "inoffizielle Akte" gehandelt habe, die vollständig darauf abgezielt hätten, "für eine zweite Amtszeit im Amt zu bleiben". Trumps damalige, an Tausende Unterstützer gerichtete Rede könne "vernünftigerweise" als "Aufruf zu kollektiven Taten" verstanden werden.
Sturm der Trump-Anhänger auf das Kapitol
Kurz nach Trumps Rede war eine Menge mit "Trump 2020"-Flaggen zum Sitz des US-Parlaments marschiert. Hunderte von ihnen verschafften sich gewaltsam Zutritt zu dem Gebäude. Fünf Menschen starben.
Zeitgleich kritisierte Trump seinen damaligen Vizepräsidenten Mike Pence im Onlinedienst Twitter dafür, dass er die offizielle Bestätigung des Wahlsiegs von Trumps demokratischem Herausforderer Joe Biden nicht blockiert habe. Der Richter wertete dies als "stillschweigende Übereinkunft" des Präsidenten mit denjenigen Menschen, die das Kapitol stürmten.
Immunität einem Präsidenten zu verwehren, „kein kleiner Schritt“
"Einem Präsidenten die Immunität bei zivilen Schäden zu verwehren, ist kein kleiner Schritt", hob Mehta in der 112 Seiten langen Begründung seiner Entscheidung hervor. "Das Gericht ist sich der Tragweite seiner Entscheidung durchaus bewusst."
Mitarbeiter des Weißen Hauses klebten die Unterlagen wieder zusammen, die das Nationalarchiv in diesem Zustand erhalten habe.
Bereits am Donnerstag hatte Trump in einem anderen Fall eine Niederlage vor Gericht erlitten. Ein New Yorker Richter verpflichtete den Milliardär, im Zuge von Finanzermittlungen über sein Immobilienimperium unter Eid auszusagen.
Der ehemalige US-Präsident hatte vor Gericht durchgesetzt, dass ein unabhängiger Dritter die beschlagnahmten Dokumente prüft. Das Justizministerium will dessen Einsetzung rückgängig machen.
Die Anwälte des Ex-Präsidenten hatten beim Obersten Gericht beantragt, dass ein Sonderprüfer Zugang zu den beschlagnahmten Geheimdokumenten bekommen soll.
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