Chat-Affäre

OGH-Vizepräsidentin Marek verlässt Richtervereinigung

MICHAEL GRUBER / APA / picturede
  • Drucken

Gerichtspräsident Klaus Schröder schlägt bei Interventionen zugunsten von Richtern Ausschlüsse aus der Richtervereinigung vor. OGH-Vize Eva Marek verlässt nun die Vereinigung.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Klaus Schröder, will eine Aufarbeitung des „Systems Pilnacek“. Die Vorgänge rund um den suspendierten Justizressort-Sektionschef Christian Pilnacek (zuletzt kam heraus, dass dieser offenbar vorhatte, einen unliebsamen Staatsanwalt observieren zu lassen) müssten in einer externen Untersuchung unter die Lupe genommen werden, forderte er im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA).

Eine Aufarbeitung diverser Vorgänge – unabhängig von der straf- und disziplinarrechtlichen Prüfung – sei unabdingbar. Dies könnte in Form einer externen Untersuchungskommission oder durch pensionierte, anerkannte Justizorgane erfolgen.

Zudem müsse die Richterschaft selbst – dann, wenn Kollegen politische Interventionen in Anspruch nehmen – überprüfen, „ob diese Person noch Mitglied der Richter- und Richterinnenvereinigung sein kann“. Reformbedarf sieht Schröder indes bei der Besetzung der Posten des Präsidenten und der Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes (OGH). Bei Vergabe speziell dieser Stellen schalten sich im Vorfeld nämlich keine richterlichen Personalsenate ein.

Die Presse/Clemens Fabry

Aufgekommen ist dieses Thema, nachdem veröffentlichte Chats nahegelegt haben, dass die Besetzung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien 2014 parteipolitisch motiviert gewesen sein könnte. Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (von der ÖVP nominiert) hat sich nicht für die von der Personalkommission erstgereihte Kandidatin, sondern für die Höchstrichterin Eva Marek (sie war damals am OGH) eingesetzt. Marek wurde für dreieinhalb Jahre OStA-Leiterin, mittlerweile ist sie Vizepräsidentin des OGH.

Laut „Presse“-Informationen wird es Marek nun nicht auf einen runden Tisch bei Justizministerin Zadić (für Mitte der Woche angesetzt) oder auf mögliche weitere Konsequenzen im Zusammenhang mit der Richtervereinigung ankommen lassen. Denn bereits am Sonntag hat Marek von sich aus ihren Austritt aus der Richtervereinigung erklärt. Dies in einem Schreiben an Vereinigungspräsidentin Sabine Matejka, welches unter anderem auch dem Justizressort zuging. Als Begründung für diesen Schritt gibt Marek an, sie fühle sich von Matejka nicht mehr vertreten. Denn Letztere habe ihr nach Bekanntwerden der Chats keine Gelegenheit gegeben, zu den kolportierten Vorgängen aufklärend Stellung zu nehmen.

An dem erwähnten runden Tisch nehmen Zadić, die vier OLG-Präsidenten und die OGH-Präsidentin teil. Die Ministerin hat bereits klargemacht, dass sie Personalgremien schaffen werde, die Postenbesetzungen transparenter machen. Dass die Ernennung von Richtern völlig von politischen Entscheidungsorganen losgelöst werden soll, sieht Schröder aber nicht als Lösung. „Es ist aus meiner Sicht demokratiepolitisch absolut nicht vertretbar, dass sich die Richter aus sich selbst heraus mit eigenen Entscheidungen ergänzen.“ Sonst drohe ein „Richterstaat“. Doch es brauche außer der Auswahl durch die Justizministerin und der Ernennung durch den Bundespräsidenten noch unabhängige Personalsenate, die ihre Besetzungsvorschläge vorbringen.

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von parlamentarischen Kontrollinstrumenten, nämlich rund um die Vorsitzführung im ÖVP-U-Ausschuss durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), zeichnete Schröder ein differenziertes Bild. Er halte es für sinnvoll, wenn ein demokratisch legitimiertes Organ – in dem Fall der Nationalratspräsident – den Vorsitz unter Einbeziehung eines Verfahrensrichters und eines Verfahrensanwalts innehabe. Dennoch müsse man fragen, ab wann Befangenheit des Vorsitzenden vorliege. Der OLG-Chef brachte im APA-Gespräch ein Beispiel aus der Strafgerichtsbarkeit: „Wenn ein Richter zehn Einbruchsdiebstähle zu verhandeln hat und er bei nur einem selbst betroffen ist, ist er bei der Verhandlung aller zehn Diebstähle ausgeschlossen.“

Opposition zufrieden

In der Sideletter-Affäre, die wiederum zeigt, dass Vereinbarungen der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne über die Besetzung von Spitzenpositionen in Verfassungsgerichtshof, Bundesfinanzgericht und in Verwaltungsgerichten niedergeschrieben worden sind, sieht Schröder eine Beschädigung des „Ansehens der Justiz“.

Daher: „Ich spreche mich ganz generell, egal in welchem Bereich, dagegen aus, dass von vornherein Posten zugeteilt werden.“

Zufrieden über die Worte Schröders zum „System Pilnacek“ zeigten sich am Sonntag die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper und der SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Justiz

OLG-Chef Schröder fordert Untersuchung von "System Pilnacek"

Man müsse "Schwachstellen in unserem eigenen Bereich, wo wir uns selbst der Gefahr aussetzen, korrumpiert zu werden, mit allen Mitteln" bekämpfen, sagt der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.