Krise

Russland droht der Ukraine vom UNO-Sicherheitsrat aus

Die russische Truppenentsendung und Separatisten-Anerkennung sei ein Verstoß gegen Gründungs-Charta der UNO. Das sei ein Angriff auf alle Mitgliedsländer der Vereinten Nationen.

Russland hat der Ukraine nach der Anerkennung der abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk durch Moskau bei militärischen Provokationen mit weiteren Konsequenzen gedroht. Kiew habe "militärische Pläne" und würde Luhansk und Donezk beschießen und provozieren. Nun könne dies "äußerst gefährliche Folgen haben", sagte der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja Montagabend (Ortszeit) bei einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates in New York.

"Wir beabsichtigen nicht, ein neues Blutbad im Donbass zuzulassen, sagte Nebensja. Für die Eskalation gab der Botschafter der ukrainischen Führung die Schuld. Die Weigerung Kiews, direkt mit den Separatisten zu verhandeln, habe gezeigt, dass es das Minsker Abkommen, der brachliegende Friedensplan für die Ostukraine, nicht habe erfüllen wollen. Um einen Krieg zu vermeiden, müsse die Ukraine nun zu einem Ende seiner Provokationen gezwungen werden.

Die Vereinten Nationen hatten zuvor den Entsendungsbefehl von russischen Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine als Verstoß gegen die UNO-Gründungs-Charta kritisiert. "Wir bedauern auch den Befehl, russische Truppen in der Ostukraine zu stationieren, Berichten zufolge im Rahmen einer Friedensmission", sagte die UNO-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, bei der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates in New York.

„Risiko eines größeren Konflikts ist real“ 

"Die nächsten Stunden und Tage werden entscheidend sein. Das Risiko eines größeren Konflikts ist real und muss um jeden Preis verhindert werden", sagte DiCarlo am Montagabend (Ortszeit). Russlands Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine verstößt nach Einschätzung von UNO-Generalsekretär António Guterres ebenfalls gegen die Charta der Vereinten Nationen, wie er schon vor der Sitzung erklärte. Russland habe damit die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt, sagte Guterres laut Mitteilung am Montag. Er sei stark besorgt und rufe erneut zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf.>>> Der Propagandakrieg ist längst im Gang [premium]

Die USA bezeichneten den Entsendungsbefehl russischer Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine als ersten Schritt zum vollständigen Einmarsch. "Darüber hinaus ist dieser Schritt von Präsident Putin eindeutig die Grundlage für den Versuch Russlands, einen Vorwand für eine weitere Invasion der Ukraine zu schaffen", sagte die amerikanische UNO-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Dass der russische Präsident Wladimir Putin von Friedenstruppen spreche, sei "Unsinn".

Gezielte Sanktionen in Vorbereitung

Putin habe das Minsker Abkommen mit seiner Anerkennung der Regionen Luhansk und Donezk "in Stücke gerissen". Putin träume von einem russischen Großreich, sagte Thomas-Greenfield weiter. "Putin möchte, dass die Welt in der Zeit zurückreist, in die Zeit vor den Vereinten Nationen, in eine Zeit, als Imperien die Welt beherrschten - aber der Rest der Welt hat sich vorwärtsbewegt. Es ist nicht 1919, sondern 2022." Die Geschichte lehre, dass die Länder der Welt in einer solchen Situation nicht wegschauen dürften. Es handle sich um einen Angriff auf jeden UNO-Mitgliedsstaat. Die Botschafterin kündigte schwere Konsequenzen für Moskau an.

Frankreich verurteilte den Entsendungsbefehl russischer Truppen in dem umkämpften Osten der Ukraine vor der Sicherheitsratssitzung ebenfalls und drang gleichzeitig auf eine diplomatische Lösung. "Wir brauchen eine diplomatische Lösung", sagte der französische UNO-Botschafter Nicolas de Rivière. Dafür werde sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron "in den kommenden Stunden, in den kommenden Tagen" einsetzen. Der Entsendungsbefehl sei aber eine Verletzung der UNO-Charta. Die USA und die EU haben angekündigt, vor diesem Hintergrund Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Bei der Sitzung selbst sagte de Rivière dann: "Mit unseren europäischen Partnern bereiten wir gezielte Sanktionen gegen diejenigen vor, die an dieser rechtswidrigen Entscheidung beteiligt waren."

Großbritannien fürchtet bei einem Einmarsch Russlands in die Ukraine ein humanitäres Desaster. "Eine Invasion in der Ukraine entfesselt die Kräfte des Krieges, des Todes und der Zerstörung gegen die Menschen in der Ukraine. Die humanitären Auswirkungen werden für Zivilisten, die vor den Kämpfen fliehen, schrecklich sein", sagte Botschafterin Barbara Woodward. Frauen und Kinder würden am meisten leiden. "Russland hat uns an den Abgrund gebracht. Wir fordern Russland auf, einen Schritt zurückzutreten."

Ukraine: „Wir werden standfest sein“ 

China rief alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf. "Alle betroffenen Parteien müssen Zurückhaltung üben und alles vermeiden, was Spannungen schüren könnte", sagte der chinesische UNO-Botschafter Zhang Jun vor der Sitzung. "Wir glauben, dass alle Länder internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der UNO-Charta lösen sollten."

Die Ukraine beschwor Widerstand angesichts eines möglichen Krieges mit Russland. "Wir werden standfest sein. Wir befinden uns auf unserem Grund und Boden. Wir haben vor nichts und niemandem Angst. Wir schulden niemandem etwas und wir geben niemandem etwas", sagte Botschafter Serhij Kyslyzja Es sei "nicht Februar 2014. Es ist Februar 2022", meinte er in Anspielung an die Annektierung der Krim durch Russland.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Russland

Duma ratifiziert Anerkennung der Separatistengebiete

Die Abgeordneten unterstützten erwartungsgemäß einstimmig die „Freundschaftsverträge“ mit den „Volksrepubliken". Russlands Außenminister Lawrow stellt das Recht der Ukraine auf Souveränität infrage.
Baltische Staaten

"Russland hat die Minsker Vereinbarung in Stücke gerissen"

Der estnische Staatspräsident Karis verurteilt das Vorgehen Russlands, ebenso die restlichen Baltischen Staaten. Die Türkei bietet sich als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine an.
Wladimir Putin bei einem Telefonat mit Mitgliedern des russischen paralympischen Teams am 21. Februar.

Was will Putin vom Westen?

Im Konflikt zwischen Russland und dem Westen stehen die Zeichen abwechselnd auf Entspannung und Kriegsgefahr. Christian Ultsch, Leiter der „Presse“-Außenpolitik, über den präventiven Informationskrieg, den die USA gerade führt, Vermittler Macron und Wladimir Putins Taktik. Hinweis: Dieses Gespräch wurde vor der Anerkennung der Unabhängigkeit der prorussischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk in der Ostukraine durch Russland am Montagabend aufgezeichnet.
Putin beim Unterzeichnen des Dekrets.
Ukraine-Krise

Putin entsendet Truppen in die Ostukraine

Der Kreml-Chef erkennt die Unabhängigkeit der Separatistengebiete an und schickt russische Truppen dorthin. In einer Brandrede spricht er der Ukraine die Staatlichkeit ab und wirft Kiew vor, nach Atomwaffen zu streben.
Geheimdienste

Der Propagandakrieg ist längst im Gang

Die USA „bombardieren“ die Öffentlichkeit mit Enthüllungen über angebliche russische „Todeslisten“, Aufmarschpläne, verdeckte Operationen – und schüren Spekulationen über den Kriegsbeginn.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.