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Keimfreier Urlaub im Risikogebiet

Wohin jetzt? Die „Travel Risk Map“ gibt jährlich Aufschluss über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit in einzelnen Ländern.
Wohin jetzt? Die „Travel Risk Map“ gibt jährlich Aufschluss über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit in einzelnen Ländern.travelriskmap.com/Screenshot
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Reiserisiko? Jeden Februar beurteilt die „Travel Risk Map“ Regionen nach Sicherheit und Gesundheit.

Wenn mich jemand fragt, ob irgendein Ort „gefährlich“ sei, senkt sich mein Haupt. Mir missbehagt die Idee, Weltregionen in Gefährlichkeitsgrade einzuteilen. Wollen alle risikolose, keimfreie Urlaube? Ich antworte: „Nein, die Bronx gehört laut neuen Untersuchungen zu den sichersten Orten! Nein, auf nepalesische Achttausender spaziert man mittlerweile mit Atemluft, das sind bessere Spaziergänge! Relax, in Mexiko City wird nichts mehr gestohlen!“ Ich werde daraufhin gefragt, ob ich Witze mache. „Richtig geraten! Wer sich nicht in Gefahr begibt, der kommt drin um!“ Ob ich Zyniker sei?
„Ich rate eh von Individualtourismus ab“, lächle ich, „ganz safe All-Inclusive-Urlaube bieten inzwischen auch am Nachhaltigkeitssektor den geilsten Scheiß! Ist googelbar! Und steht alles in meinen Büchern, bitte kaufen!“ Meine undankbaren Gesprächspartner wenden sich ab. Suchen sich bessere Reiseberater. Gibt es eh massenhaft.

Die Organisation „International SOS“ publiziert jährlich eine Karte, die Sie charmanter als ich vor Gefahren warnt. Ich finde die „Travel Risk Map 2022“, erstellt von Sicherheits- und Medizin­experten, recht brauchbar. Auch wenn ich ihr nur teilweise glaube, zu sehr fokussiert sie auf Sicherheit für internationale Unternehmen. Das Herum­scrollen macht Erschrockenen jedenfalls ebenso viel Spaß wie Unerschrockenen. Klar gehören Syrien, Somalia oder Afghanistan zu den 14 wirklich schlimmen, dunkelrot eingefärbten Regionen, Europa ist gelb, das heißt relativ sicher. Doch nur Länder wie Dänemark, Island oder die Schweiz haben eine weiße Weste. Der europäische Straßenverkehr schneidet übrigens grandios ab, die höchsten Todesraten haben Saudi­arabien und Vietnam. Schön und aufschlussreich, wenn innerstaatlich differenziert wird, und Covid-Karten sind heutzutage auch dabei. Weniger schön, dass wir Risk Maps überhaupt brauchen. Man will doch eine Welt, die sich weniger schlimm zeigt als erwartet, oder? Daheim bleiben ist echt das Schönste! Doch kaum sage ich das, gelte ich wieder als überheblich und – siehe Haushalts­unfälle und „Familiendramen“ – verantwortungslos.

("Die Presse Schaufenster" vom 18.02.2022)

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