Ukraine

"Entmilitarisierung und Entnazifizierung" - Putins Rede und dann Krieg

Rauch über einem Militärflughafen bei Charkiw.
Rauch über einem Militärflughafen bei Charkiw.APA/AFP/ARIS MESSINIS
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Putins Drehbuch entfaltet sich. Eine Rede voller Drohungen war der Startpunkt für seine Invasion, seine Kriegserklärung. Donezk und Luhansk wolle er "beschützen", er plane keine Besetzung. Und eine drastische Drohung in Richtung USA, EU und Nato.

Als Wladimir Putin die Anerkennung der beiden „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk ankündigte, tat er dies in einer bemerkenswerten Rede, in der er der Ukraine die Legitimität abgesprochen hatte und die ein wirres Geschichtsbild des russischen Präsidenten offenbarte. Was folgte, waren weitere Schritte der Eskalation und Provokation - nach „Drehbuch“, genau geplant. Erst die Anerkennung von Luhansk und Donezk, dann das „Hilfsgesuch" aus diesen „Volksrepubliken“, angebliche Provokationen der Ukraine samt Propagandavideos, gefolgt von einer Militäraktion in der Nacht auf Donnerstag - begleitet erneut von einer Rede, die den Krieg einläutete. Seit acht Jahren baute Putin an dem Argumentations-Konstrukt, um nun in die Ukraine einzumarschieren.

„Ich habe die Entscheidung zu einer Militäroperation getroffen, um die Bevölkerung in Donezk und Luhansk zu beschützen“, malte er erneut ein Opferbild, um seine Angriffe zu legitimieren. Putin sagte, dass Moskau die „Entmilitarisierung und Entnazifizierung“der Ukraine anstrebe. In seiner Rede forderte er die ukrainische Armee auf, die Waffen niederzulegen und warnte, dass es eine prompte Antwort auf Versuche einer ausländischen Intervention von Außen geben würde.

Das Ziel der russischen Militäroperation sei es, „die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren der Demütigung und dem Völkermord durch das Regime in Kiew ausgesetzt sind. Zu diesem Zweck werden wir die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine anstreben und darauf drängen, dass diejenigen vor Gericht gestellt werden, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen friedliche Zivilisten, darunter auch russische Bürger, begangen haben“.

„Unrechtmäßige Expansion“ der Nato

Die Pläne Moskaus würden keine Besetzung der Ukraine vorsehen. Putin sei für das Recht des ukrainischen Volkes auf Selbstbestimmung. Russland könne nicht zulassen, dass Kiew Atomwaffen erhalte, und erinnerte an die „unrechtmäßige Expansion“ der Nato in den Osten. Ein Argument, dass Putin seit jeher bemüht. Auch das Streben nach Atomwaffen der Ukraine führt Putin als Argument seit jeher ins Feld.

Putin forderte das ukrainische Militär auf, „die Waffen sofort niederzulegen und nach Hause zu gehen“. „Diejenigen Soldaten der ukrainischen Armee, die dieser Forderung nachkommen, können die Kampfzone verlassen und zu ihren Familien zurückkehren.“

Gegenüber der ukrainischen Bevölkerung erklärte er, Russland ergreife Maßnahmen „zur Selbstverteidigung vor Bedrohungen“ und vor einem „noch größeren Unglück als dem heutigen“, wie ihn die Nachrichtenagentur Tass zitiert. "So schwierig es auch sein mag, dies zu tun, ich bitte Sie, dies zu verstehen, und rufe zur Zusammenarbeit auf, um diese tragische Seite so schnell wie möglich umzublättern und gemeinsam voranzukommen."

An den Westen und die Nato richtete Putin eine eindeutige Drohung - nicht unmittelbar ausgesprochen, aber im Kontext eindeutig: ein Atomschlag. „Niemand sollte daran zweifeln, dass ein direkter Angriff auf Russland mit der Niederlage des potenziellen Aggressors und schrecklichen Folgen für den Angreifer enden würde“, sagte Putin. „Wer auch immer versuchen mag, uns zu behindern, geschweige denn unser Land und unser Volk zu bedrohen, sollte wissen, dass die Antwort Russlands ohne Verzögerung folgen und Konsequenzen nach sich ziehen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle in diesem Zusammenhang notwendigen Entscheidungen werden getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde“, sagte Putin.

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