1922 proklamierte Arnold Schönberg eine „Vorherrschaft der deutschen Musik“ für die kommenden 100 Jahre. Was daraus wurde – und warum seine Klänge für viele noch immer „falsch“ klingen.
Zwölftonmusik? Der gelernte Konzertabonnent nimmt im Geiste Reißaus, sobald dieses Stichwort fällt, das die ohnehin allseits gefürchtete „Moderne Musik“ sozusagen zum Quadrat erhebt. Immerhin: Keine zweite Kompositionstechnik hat es zu derartiger Berühmtheit gebracht. 100 Jahre ist es her, dass der Komponist Arnold Schönberg verkündete: „Ich habe eine Entdeckung gemacht, durch welche die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten 100 Jahre gesichert ist.“
Die Frist ist vorstrichen; und von einer Vorherrschaft der deutschen Musik konnte keine Rede sein. Freilich: Was sollte das heißen, deutsche Musik? Kaum ein Jahrzehnt hat es gedauert, bis dieser Begriff per Gesetz neu definiert wurde, von Machthabern, für die ein Mann wie Schönberg jedenfalls nicht dazugehörte. Einer der Gründe dafür, wenn auch nicht der ausschlaggebende, war übrigens die „Zwölftonmusik“ – inwiefern sollte sie deutsch sein, inwiefern Musik?
Notwendiges Übel? Für Schönberg war sie notwendig. Er und einige seiner Zeitgenossen hatten die Musik zuvor revolutioniert, indem sie ihr den Boden der Tonalität entzogen: Das künstlerische Ausdrucksbedürfnis hatte sich in der Zeit nach Beethoven in immer kühnere Gefilde vorgewagt und die Möglichkeiten, von einer Tonart in eine andere zu wechseln, immer weiter angereichert. Bald taugten Dur und Moll, die Altvertrauten, nicht mehr als Orientierungshilfen. Der Kosmos der musikalischen Harmonien hatte sich ins Unendliche geweitet.