Gastbeitrag

Verbesserungen für Kreative: Was das neue Urhebervertragsrecht in der Praxis bringt

Autorinnen sollten zu den Nutznießern der Novelle zählen
Autorinnen sollten zu den Nutznießern der Novelle zählenimago/fStop Images
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Anlässlich der Umsetzung einer EU-Richtlinie schützt der Gesetzgeber Urheber unter anderem vor allzu langen Bindungen zu ungünstigen Pauschalhonoraren und ermöglicht Vertragsanpassungen bei unerwarteten Bestsellern.

Beim Urhebervertragsrecht geht es um die Beziehungen zwischen den eigentlichen Urhebern (das sind die Kreativen, die ein Werk schaffen, z. B. Autoren, Komponisten, Künstler) und den Werkvermittlern, etwa den Produzenten und Verlagen. Letztere haben üblicherweise das Heft in der Hand und die weitaus stärkere Verhandlungsposition. Einen echten Ausgleich dafür kannte das österreichische Urheberrecht bisher nicht, schon lange wird das kritisiert. Gestärkt wird die Position der Urheber jetzt durch die EU-Urheberechtsrichtlinie und die damit einhergehende österreichische Urheberrechtsreform, die neben der Umsetzung der EU-Bestimmungen auch für die Praxis bedeutende Schutzbestimmungen aus dem deutschen Recht übernimmt. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Einschränkung von Exklusivlizenzen bei Pauschalhonoraren  

Das Urheberrecht prägen eine lange Schutzdauer (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) und die Praxis der Pauschalvergütung („one-off payments“). Im Zeitpunkt der Einmalzahlung ist naturgemäß noch nicht absehbar, wie erfolgreich und lang ein Werk letztlich verwertet werden kann; die Vergütung ist daher – so die Kritik – oft nicht angemessen. Dem beugt das deutsche Recht bereits seit 2016 vor, indem ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen eine Pauschalgebühr nur für die begrenzte Dauer von zehn Jahren vergeben werden kann.

Die österreichische Novelle, die am 1. Jänner 2022 in Kraft getreten ist, übernimmt diese Beschränkung mit Modifikationen: Nach 15 Jahren wird die Exklusivität aufgehoben und Urheber können ihre Werke anderweitig verwerten (etwa selbst oder jemand anderem daran Rechte einräumen). Gänzlich ausgeschlossen wird die Einräumung zeitlich unbegrenzter Exklusivrechte aber nicht: Die Vertragsparteien können die Lizenz nach Ablauf von fünf Jahren jederzeit schriftlich auf die gesamte Nutzungsdauer erstrecken. Die neue Schutzbestimmung gilt jedoch nicht für im Rahmen von Arbeitsverhältnissen geschaffene Werke, Marken und sonstige Kennzeichen, oder gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke. Ausgenommen wurde auch das praktisch wichtige Software-Urheberrecht.

Insgesamt werden Urheber bei Vereinbarung eines Pauschalhonorars also gestärkt. In der Praxis könnte es aber außerhalb des klassischen Literatur- und Musikverlagsgeschäfts zu Anwendungsschwierigkeiten kommen. Beispielsweise könnte man sich fragen, ob ein im Auftrag geschaffenes Musik-„Jingle“ unter die Ausnahme für Marken und Kennzeichen fällt oder aber (als Werk der Tonkunst) vom Recht zur anderweitigen Verwertung nach 15 Jahren umfasst ist.

„Bestsellerparagraf“

Der sogenannte Bestsellerparagraf ist ebenfalls aus dem deutschen Recht bekannt. Gemeint ist ein Anspruch auf Vertragsanpassung. Dies betrifft Fälle, in denen sich das Werk erst später als „Bestseller“ entpuppt, sodass aus dem Werk unerwartet hohe Einnahmen erzielt werden. Urhebern steht hier nun ein Anspruch auf zusätzliche angemessene Vergütung zu, und zwar bei ausschließlichen und nicht-ausschließlichen Lizenzen gleichermaßen. Der Bestsellerparagraf betrifft grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis geschaffene Werke, findet insoweit jedoch keine Anwendung, wenn die Vergütung auf einem Kollektivvertrag beruht. Das Recht auf Vertragsanpassung wird von einem Auskunftsanspruch des Urhebers gegenüber seinem Vertragspartner flankiert.

Die Ansprüche auf Auskunft und Vertragsanpassung können nicht vertraglich ausgeschlossen werden und sind bereits auf Altverträge anwendbar, also Verträge, die vor dem Inkrafttreten der Novelle zu Jahresbeginn vereinbart worden sind – eine Überprüfung relevanter Altverträge kann daher sinnvoll sein.

Für Streitigkeiten in diesem Zusammenhang kann ein Schlichtungsausschuss angerufen werden. Software ist auch hier ausgenommen.

Widerrufsrecht bei Zukunftstechnologien

Neu ist auch das aus Deutschland stammende Widerrufsrecht bei „unbekannten“ Verwertungsarten. Hintergrund ist, dass bei Vertragsschluss nicht zwingend alle zukünftigen wirtschaftlich relevanten Verwertungsarten bekannt sind. Die Nutzung von Musikwerken als Klingeltöne war etwa bei Vertragsschluss in den neunziger Jahren unbekannt, wenige Jahre später wurden damit aber erhebliche Einnahmen generiert.

Breite Lizenzklauseln, die sich auch auf unbekannte Verwertungsarten erstrecken, müssen nun einerseits schriftlich abgeschlossen werden, andererseits kann sich der Urheber dagegen mit einem dreimonatigen Widerspruchsrecht wehren. Zum Auslösen des Fristenlaufs dürfte das Absenden der entsprechenden Information an die dem Vertragspartner zuletzt bekannte Anschrift des Urhebers ausreichen. Hier ist aus praktischer Sicht Vorsicht für Urheber angebracht: der Vertragspartner sollte über die aktuelle Adresse informiert werden. Auch beim Widerrufsrecht gelten bedeutende Ausnahmen (Arbeitsverhältnis, Filmwerke etc).

Was in dem Zusammenhang als „unbekannt“ gilt, ist allerdings nicht immer ganz klar. Die Erläuterungen zum Gesetz führen aus, dass eine Nutzungsart nicht schon dann bekannt ist, wenn sie technisch möglich ist, sondern erst dann, wenn sie auch wirtschaftlich verwertbar geworden ist. Ob die konkrete neue Verwertungsart vom Vertrag und dessen oft sehr breiten Lizenzklauseln mitumfasst war oder nicht, wird daher letztlich im Einzelfall durch die Gerichte zu klären sein.

„Gold plating“ der Richtlinienbestimmungen

Der österreichische Gesetzgeber verfolgt mit der Reform des Urhebervertragsrecht ein „gold plating“ der Richtlinienbestimmungen und nähert das österreichische Urheberrecht dem höheren Schutzstandard des deutschen Rechts an. Die Praxis kann daher für die Anwendung der neuen Bestimmungen auf Vorerfahrungen und Spruchpraxis in Deutschland zurückgreifen.  

Ob damit die Position der Kreativen nachhaltig gestärkt werden kann, ist nicht unumstritten – die Erfahrungen der nächsten Jahre werden das erst zeigen.

Zu den Personen

Rechtsanwalt Dr. Lutz Riede ist Counsel bei Freshfields, MMag. Verena Kirchmair ist ebendort Associate.

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