EU-Subventionen für Popsänger

(c) AP (Salvatore Laporta)
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Die 600.000-Euro-Förderung eines Elton-John-Konzerts war kein Einzelfall. Auch die Backstreet Boys, Moby und die Editors wurden bereits subventioniert. Anlass dieser Subventionen war der UN-Weltklimagipfel

Brüssel. Als Ende vergangener Woche bekannt wurde, dass ein Konzert des britischen Popsängers Elton John in Neapel mit 600.000 Euro EU-Subvention gefördert worden war, mag sich mancher Beobachter in seinem Vorurteil über den von Korruption und Mafia geprägten Umgang süditalienischer Politiker mit EU-Mitteln bestätigt gefühlt haben. Doch dies war kein Einzelfall.

Nur wenige Wochen nach Johns Auftritt beim „Piedigrotta“-Festival im September 2009 gab die US-Popgruppe „Backstreet Boys“ in Kopenhagen ein Konzert, das von der Europäischen Kommission gefördert wurde, wie die „Presse“ erfahren hat. Im Rahmen einer Klimaschutz-PR-Kampagne gab die Brüsseler Behörde im Jahr 2009 dem Musik-TV-Sender MTV in Summe 1,2 Millionen Euro. Dafür organisierte MTV den Kopenhagener Auftritt der Backstreet Boys sowie Konzerte der britischen Rockband Editors in Budapest und des US-Elektronikmusikers Moby in Stockholm.

EU-Geld für Aerobic-Champion

Anlass für diese subventionierten Popkonzerte war der UN-Weltklimagipfel in der dänischen Hauptstadt im Dezember 2009. Dort wurde bekanntlich eher erfolglos über die Nachfolge des Kyoto-Abkommens zur Reduzierung der Treibhausgase verhandelt. Die Kommission wollte im Vorfeld dieser Konferenz bei Europas Jugend das Bewusstsein für den Klimawandel fördern. Unter der damaligen Vizepräsidentin Margot Wallström ersann man die „Play to Stop – Europe for Climate“-Kampagne, im Rahmen derer die Konzerte abliefen.

„Die Europäische Kommission hat 1,5 Millionen Euro für die gemeinsame MTV-Kampagne beigetragen. Von diesen 1,5 Millionen werden 1,2 Millionen für Aktivitäten ausgegeben, die von MTV gemanagt werden, und der Rest für Medienbeziehungen und Botschafter“, teilte die Kommission damals auf Anfrage der „Presse“ per E-Mail mit. Diese „Botschafter“ waren elf Personen des öffentlichen Lebens, die in ihren Heimatländern Werbung für den Klimaschutz machen sollten. Dazu zählten unter anderem die dänische Popsängerin Anna David, deren Lied mit dem Titel „Fick dich“ in mehreren Sprachen zeitweilig recht hoch in einigen europäischen Hitranglisten rangierte, aber auch der deutsche Filmschauspieler Tobias Schenke und die frühere bulgarische Profitennisspielerin Magdalena Malejewa. Außerdem war der ungarische Aerobic-Weltmeister Attila Katus einer der „Klimaschutz-Botschafter“. Wie diese Personen ausgewählt wurden und was genau sie mit den 300.000 Euro EU-Förderung gemacht haben, konnte die Kommission nicht beantworten.

Hahn lässt Elton-John-Gig prüfen

Die 600.000-Euro-Förderung für den Popsänger Elton John fällt in die Zuständigkeit des österreichischen Regionalkommissars Johannes Hahn. Das Geld stammt nämlich aus einem in Summe 2,25 Millionen Euro schweren Regionalförderprojekt für die Region Kampanien, sagte Hahns Sprecher. Er kündigte eine Prüfung an. Sollte sich herausstellen, dass Kampanien die Förderauflagen verletzt hat, müsste es das Geld an die Kommission zurückzahlen beziehungsweise würden künftige Subventionen entsprechend gekürzt.

Das Bekanntwerden der Subventionierung reicher Künstler zu PR-Zwecken kommt für die Kommission zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Seit Wochen steht sie in harten Verhandlungen über das EU-Budget 2011 Seite an Seite mit dem Europaparlament. Sie fordern mit Hinweis auf die neuen Politikfelder, die ihnen der Lissabon-Vertrag beschert, eine starke Erhöhung des Haushaltes.

Bis Montagabend war zwar kein Ergebnis des Ringens mit den Mitgliedstaaten abzusehen. Außer Streit steht aber bereits, dass der Etat der Union im kommenden Jahr um 2,9 Prozent auf 126,5 Milliarden Euro steigen wird. Parlament und Kommission hatten eine doppelt so hohe Steigerung gefordert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16. November 2010)

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