"In den Tod geschickt"

Ukrainische Social-Media-Seiten verbreiten Videos von russischen Gefangenen

Destroyed Russian military vehicles are seen on a street in Borodyanka
Destroyed Russian military vehicles are seen on a street in BorodyankaREUTERS / MAKSIM LEVIN
  • Drucken

In den sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos, die russische Soldaten in ukrainischer Gefangenschaft zeigen sollen. In den Aufnahmen beteuern die Gefangenen, dass sie nicht wussten, dass sie in einen Krieg gegen die Ukraine ziehen.

Die Ukraine wehrt sich auf allen Fronten gegen den Angriff Russlands - auch in den sozialen Medien. Neben Videos von heroischen Ukrainerinnen und Ukrainern, kursieren auch zahlreiche Videos, die angeblich gefangengenommene russische Soldaten zeigen. Die Aufnahmen werden meist von ukrainischen Seiten verbreitet und sollen eines zeigen: Die Soldaten Russlands sind junge Männer, die keine Ahnung hatten, dass sie in einen Krieg gegen die Ukraine ziehen.

Das beschreibt auch der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskij in einer seiner Videobotschaften. Demnach würden gefangene russische Soldaten primär erzählen, dass sie nicht wissen, warum sie hier sind. Die Moral der russischen Armee würde ständig sinken. “Das sind keine Krieger der Supermacht, das sind verwirrte Kinder, die benutzt wurden", sagte Selenskij.

Krieg statt Militärübung

In zahlreichen Videos, die ukrainische Social-Media-Seiten verbreiten, werden die russischen Soldaten regelrecht vorgeführt. Viele der Männer in den Videos sehen sehr jung aus, einer gibt an, dass er 19 Jahre alt sei. Sie weinen oder sind den Tränen nahe. Einige erzählen, dass sie für Militärübungen an der Grenze zur Ukraine stationiert waren und nicht wussten, dass sie von dort in einen Krieg geschickt werden.

Eine besondere Rolle spielen bei manchen der Videos die Mütter der Soldaten. Immer wieder soll zu sehen sein, wie die Gefangenen mit ihren Müttern telefonieren. Oft ist dabei auch die Reaktion der Frauen zu hören sein, als sie erfahren, dass ihr Sohn ein Kriegsgefangener in der Ukraine sein soll. Das ukrainische Außenministerium hat gar russischen Müttern angeboten, dass sie ihre gefangen genommenen Söhne in Kiew abholen können. Dafür soll es eine eigene Hotline und einen sicheren Korridor von der belarussischen Grenze zur ukrainischen Hauptstadt geben.

Auf diesem Video sieht man einen jungen Mann in Uniform, der mit den Tränen kämpft. Es soll ein russischer Soldat sein, der sich ergeben haben soll. Er ist umgeben von einer Gruppe ukrainischer Frauen. Eine der Frauen versucht ihn zu beruhigen, eine weitere Frau hält ihm ein Handy vors Gesicht. Sie hat die Mutter des Soldaten angerufen. Der junge Soldat sagt kein Wort, sondern trinkt Tee und isst ein Stück Gebäck während ihm die Tränen übers Gesicht laufen.  Am Ende des Videos soll die ukrainische Frau der Mutter des Soldaten versichern, dass es ihrem Sohn gut gehe und er sie bald wieder anrufen werde. 

Ursprünglich soll das virale Video in Telegram-Gruppen kursiert sein, bevor es auch auf anderen Plattformen wie Twitter und Facebook geteilt wurde. “Russische Soldaten, ergebt euch, ukrainische Menschen werden euch verpflegen, ergebt euch einfach.”, soll in der ursprünglichen Beschreibung zu lesen sein.

„Wir wurden in den Tod geschickt, Mama"

Zahlreiche Videos, in denen gefangengenommene russische Soldaten zu sehen sein sollen, wurden ursprünglich vom ukrainischen Geheimdienst veröffentlicht. Darunter auch dieses Video, von einem jungen Soldaten, der ebenfalls mit seiner Mutter telefoniert. „Wir wurden in den Tod geschickt, Mama", sagt er nach Angaben des Geheimdienstes. Er berichte zudem von Gräueltaten in seiner Armee und bitte seine Mutter aus Sorge um ihre Sicherheit „nicht die ganze Wahrheit über den Krieg in der Ukraine zu erzählen“.

Der ukrainische Geheimdienst hat unter anderem auch einen Zusammenschnitt von Aufnahmen mehrerer russischer Soldaten veröffentlicht, die ebenfalls in ukrainischer Gefangenschaft seien. Darin sollen die jungen Männer erklären, dass sie nicht kämpfen wollten. Der Geheimdienst ruft auf, das Video mit Bekannten und Verwandten in Russland zu teilen, um sie über den Krieg zu informieren. Denn den russischen Medien wurde verboten, den Angriff auf die Ukraine überhaupt als Krieg zu bezeichnen. Zu diesem Zweck wurde am Freitag in Russland ein Gesetz gegen “Fake News” erlassen. So wird der russischen Bevölkerung weiter vorgegaukelt, dass es sich nicht um einen Krieg gegen die Ukraine handelt, sondern um eine „Militäroperation“.

40.000 Euro für Kapitulation

Auf Facebook hat am Freitag der ukrainische Verteidigungsminister russischen Soldaten sogar Geld angeboten, wenn sie sich ergeben. Mehr als 40.000 Euro sollen sie bekommen, wenn sie “ohne Waffen und mit weißer Flagge herauskommen”. Soldaten, die sich ergeben, würden “den Frieden näher bringen”. Doch für Soldaten, die sich nicht ergeben, werde “es keine Gnade geben”. 

Sowohl die ukrainischen als auch die US-amerikanischen Geheimdienste gehen davon aus, dass die Moral in der russischen Armee niedrig ist, wie es die Aufnahmen der gefangenen Soldaten zeigen. Doch alles deutet daraufhin, dass Russland und vor allem Putin nicht aufgeben wird und die russischen Angriffe noch heftiger werden könnten. Das befürchtet auch der französische Präsident Emmanuel Macron nach einem weiteren Telefonat mit Putin am Donnerstag. Das Schlimmste stehe noch bevor, warnte er.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.