Die Ich-Pleite

Vom Staubsauger zum Digital-Abo

Carolina Frank
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Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man Staubsaugervertreter keinesfalls antworten darf.

Als ich ein Kind war, gab es noch Staubsaugervertreter. Meine Mutter fürchtete sich vor ihnen, weil sie schwer „nein“ sagen konnte. ­Deshalb hat sie mir auch beigebracht, dass man ihnen keinesfalls antworten darf. Selbst dann nicht, wenn sie nur fragen, ob man mit seinem Staubsauger zufrieden ist. Denn egal, was man antwortet, „ja“, „nein“ oder „es geht so“, zum Schluss hat man einen neuen Staubsauger bestellt.

Heute sind die Vertreter ja großteils ins Internet ­abgewandert. Und Menschen sind es in den meisten Fällen auch keine mehr. Aber manche sind immer noch unschlagbar in ihrem Geschäft. Ich denke da an die Online-Ausgabe einer seriösen Hamburger Wochenzeitung. Da habe ich einmal auf eine interessante Headline geklickt und schneller, als ich den Satz: „Ja, ich bestelle ein Online-Abo“ lesen konnte, hatte ich es offenbar bestellt. Nach ein paarmal Hin- und Herschreiben hat man mir das Online-Abo aber erlassen.

Vielleicht mildernde Umstände, weil ich schon ein Print-Abo hatte. Seither klicke ich nie mehr auf einen Online-Artikel dieser Zeitung. Nicht einmal den Cursor bewege ich in die Nähe der Online-Ausgabe dieser Wochenzeitung. Ich schwöre es. Trotzdem muss es mir wieder passiert sein. Denn heute bekomme ich eine Rechnung für eine Zeitschriftenreihe der Hamburger Wochenzeitung. Ein Heft zum Thema „Preußen“.

Dieses Mal rufe ich an. Am anderen Ende meldet sich ein realer Mensch, und ich erkläre, dass ich sicher kein Zeitschriften-Abo bestellt habe. Ja, nicht einmal daran gedacht hätte ich, eines zu bestellen. „Außerdem interessiert mich Preußen überhaupt nicht“, schimpfe ich. „So?“, sagt die freund­liche Dame, „was würde Sie denn ­interessieren?“ Darauf hätte ich nicht antworten sollen. 

("Die Presse Schaufenster" vom 4.3.2022)

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