Das Verständnis der EU für den Sonderweg Budapests beim Umgang mit Moskau ist im Ukraine-Krieg zunehmend erschöpft – so auch unter vielen Ungarn.
Belgrad/Budapest. Selbst die einstigen Weggefährten in Europas konservativer Parteienfamilie EVP vermögen keinerlei Verständnis mehr für die diplomatischen Extrawürste von Ungarns Premier Viktor Orbán aufzubringen. „Orbán muss sich entscheiden, wo er steht“, warf der deutsche EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) in dieser Woche dem Chef der nationalpopulistischen Fidesz-Partei empört ein „unglaubliches Doppelspiel mit der Ukraine“ vor. Der Grund für seinen Ärger: Nato-Partner Ungarn will Waffenlieferungen für Kiew über das eigene Hoheitsgebiet nicht zulassen.
Mit der Sorge um die Sicherheit der ungarischen Minderheit in der Ukraine begründet Orbán das erneute Ausscheren aus den im Ukraine-Krieg ungewohnt geeinten EU-Reihen. Heimische und ausländische Kritiker wittern hingegen in seinen seit Jahren sehr engen Banden zu Kremlchef Wladimir Putin den eigentlichen Grund. Orbán und sein Außenminister Peter Szijjarto würden von Putin „mehr als nur Orden verdienen“, ätzt der polnische EVP- und frühere EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk per Twitter: „Sitze im Gazprom-Vorstand wären die angemessene Belohnung für ihre Loyalität.“
Das Credo Orbáns dagegen lautet, Ungarn dürfe sich „nicht einmischen“ und müsse sich „aus dem Krieg heraushalten“: „Wir Ungarn dürfen nicht diejenigen sein, die den Preis für den Krieg zahlen müssen“. Doch die Langmut in der EU für Ungarns Sonderweg beim Umgang mit Russland ist zunehmend erschöpft. Mitten im Wahlkampf fällt sein Kuschelkurs mit Moskau auf Orbán und seine Fidesz-Partei wie ein Bumerang zurück.