Literatur

Das geerbte ukrainische Trauma

Endlich neu übersetzt: Lyrik der Dichterin Lina Kostenko.

Ukrainische Sprache und Tradition, individuelle Eigenständigkeit, aber auch Prägung durch die sowjetische Diktatur und Einflüsse russischer Lyrik – im Werk der 1930 in der Nähe von Kiew geborenen Dichterin Lina Kostenko geht das alles eine interessante Symbiose ein. In der Tauwetterperiode nach Stalins Tod konnte sie sich mit drei Gedichtbänden einen Namen machen, doch von 1961 bis 1977 ließ die Zensur sie nicht mehr zu Wort kommen. Im Gedicht „Bis auf den Grund gesunken“ spiegelt sich diese Situation: „Im Sand vergraben, dass vielleicht später, in Zeiten, die noch kommen / jemand an mich denkt, sich erinnert, und leise meinen Namen ruft“, so beginnt die zweite Strophe.

Seit über 60 Jahren gehört Lina Kostenko zu den wichtigsten Dichterinnen nicht nur der Ukraine, sondern Ostmitteleuropas, und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Klassische Themen ziehen sich durch ihre Lyrik: Natur, Liebe, existenzielle Grunderfahrungen, aber auch historische Ereignisse und Gestalten. Klassisch ist auch die Struktur ihrer Gedichte – sie sind in der Regel gereimt und von einem klaren Rhythmus geprägt. Zeitenthoben jedoch sind diese Texte keineswegs – Tschernobyl, das Trauma, das die Ukraine von der Sowjetunion geerbt hat, spielt immer wieder eine Rolle darin.

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