ORF-Strobl: "Ich habe einen Fehler gemacht"

ORFStrobl Durchschaubare politische Spielchen
ORFStrobl Durchschaubare politische Spielchen(c) APA (HANS KLAUS TECHT)
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Die "Abhöraffäre" bringt ORF-Kommunikationschef Pius Strobl in die Bredouille. Der ORF-Redakteursrat distanziert sich von ihm. Strobl entschuldigt sich für seine Aktion.

Die Dynamik, die mit der Abwahl von Informationsdirektor Elmar Oberhauser in der Vorwoche in die ORF-Debatte gekommen ist, nimmt kein Ende: Im Zentrum der Kritik steht nun ORF-Kommunikationschef Pius Strobl. In seinem Auftrag hat eine Mitarbeiterin bei der jüngsten Stiftungsratssitzung Gespräche zwischen Journalisten und ORF-Direktoren mitgeschnitten. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will die Causa intern besprechen.

"Ich habe einen Fehler gemacht. In der Fülle der Entscheidungen kann das passieren", sagte Strobl am Dienstag. "Als mir dieser bewusst wurde, habe ich ihn sofort korrigiert und habe dafür gesorgt, dass das alles ungeschehen wurde." Er habe sich außerdem bereits vor Tagen schriftlich bei den Direktoren entschuldigt, erklärte der Kommunikationschef. "Alles andere ist Sache interner Angelegenheiten und interner Strukturerledigungen."

"Geschichte gegen ORF schon im Kopf"

Zuvor hatte er der "Süddeutschen Zeitung" erklärt: "Ich wollte eigene O-Töne aus den offiziellen Gesprächen der ORF-Direktoren mit den Journalisten haben, die in Pressekonferenz-ähnlichen Situationen zustande kamen", sagte er der Zeitung. Diese seien nur für eine "interne Bewertung" gedacht gewesen.

Außerdem habe er sehen wollen, was die Journalisten aus den O-Tönen der Direktoren machen: "Bedauerlicherweise gibt es ja einige, die haben ihre negative Geschichte gegen den ORF immer schon im Kopf - ganz gleich, ob etwas Positives gesagt wird", sagte Strobl in dem Interview. Er habe gehofft, "dass in dieser äußerst sensiblen Situation das Stimmungsbild einer geschlossenen Geschäftsführung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses hätte transportiert werden können", so Strobl.

Kritik übte der Kommunikationschef auch an jeder Mitarbeiterin, die die Gespräche für ihn aufzeichnete: "Die Kollegin hat leider den Überblick verloren. Sie sollte nur öffentliche Gruppengespräche aufzeichnen, also Pressekonferenz-ähnliche Situationen. Sie hat sich aber auch zu einem informellen Gespräche dazugestellt", so Strobl.

Rauswurf-Forderungen "politische Spielchen"

Als er davon erfahren habe, habe er die Aktion beendet und das Band gelöscht. Er selbst hat die Gesamtsituation unterschätzt, "weil einfach zu viele Journalisten, Kameras, Mikros und handelnde Personen anwesend waren."

Forderungen nach einem Rauswurf halte Strobl für "völlig überzogen". Es gehe bei diesen "wohl vielmehr um interne Interessen oder auch sehr durchschaubare politische Spielchen".

ORF-Redakteursrat distanziert sich

Der ORF-Redakteursrat distanziert sich von Strobl: Der Kommunikationschef spreche nicht im Namen der ORF-Journalisten, lässt der ORF-Redakteursrat, bestehend aus Fritz Wendl, Eva Ziegler und Dieter Bornemann, wissen. Strobl sei "zweifellos mitverantwortlich dafür, dass das öffentliche Image des ORF noch nie so schlecht war wie derzeit".

Er versuche, die "Verantwortung für das inakzeptable Vorgehen auf die von ihm damit Beauftragte abzuschieben", so der Redakteursrat. Sie erwarten sich von der der nächsten Geschäftsführungssitzung am Donnerstag "eindeutige Konsequenzen".

Rüffel vom Verein Medienjournalismus Österreich

Der Verein Medienjournalismus Österreich (MÖ), dem Journalisten der meisten Tageszeitungen, Wochenmagazine, Nachrichtenagenturen und Fachmedien angehören, wies Strobls Vorwürfe des ORF-"Bashings" zurück. Der MÖ protestierte gegen das Mitschneiden von Journalistengesprächen.

Diese Aussagen legen nach Meinung der Medienjournalisten den Verdacht nahe, dass es nicht - wie zunächst behauptet - um einen internen Bericht für die ORF-Mitarbeiter ging, sondern darum, die Arbeit der Medienjournalisten und der Direktoren zu kontrollieren. "Es ist völlig indiskutabel, dass uns und unserer Arbeit im ORF nachspioniert wird", so die MÖ-Kritik.

"Wir finden es inakzeptabel, wenn O-Töne, die in informellen Gesprächen zustande kommen, von Pressestellen kommentarlos aufgezeichnet werden", erklärten die Medienjournalisten. "Hier wurden mit einem hoch professionellen Aufnahmegerät, das auch Gespräche außerhalb normaler Hörweiten gut verwertbar macht, informelle Hintergrundgespräche belauscht."

BZÖ fordert Suspendierung

Eine Suspendierung aufgrund des Interviews mit der "Süddeutschen Seitung" fordert BZÖ-Mediensprecher BZÖ, Stefan Petzner. Strobl habe mit diesem Interview die "Grenze des Akzeptablen überschritten", sagt Petzner. "Der ORF-Kommunikationschef lässt Direktoren und Journalisten geheim bespitzeln, um diese Aussagen dann intern zu bewerten". Strobl habe die Vorwürfe von ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz, er würde DDR-Methoden anwenden, bestätigt.

Franz Medwenitsch, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, sagte am Montag, diese "Abhöraffäre" sei "eine grobe Rufschädigung für den ORF, die der Kommunikationschef zu verantworten hat".

"Internes ORF-Volksbegehren"

Unter ORF-Mitarbeitern wird unterdessen laut über ein "internes ORF-Volksbegehren" nachgedacht. Der von einer Gruppe namhafter ORF-Redakteure am Sonntag artikulierte Protest gegen parteipolitische Einflüsse bekam am Montag Rückendeckung vom ehemaligen ORF-Generalsekretär Kurt Bergmann, der auch der Plattform "Rettet den ORF" angehört.

"Da wird vom SPÖ-Zentralsekretariat und seinen Vertretern im Stiftungsrat in stalinistischer Weise Personalpolitik gemacht", wetterte er. "Fast ein halbes Jahrhundert haben Parteien und Regierungen systematisch daran gearbeitet, den durch ein Volksbegehren (mehr als 800.000 Unterschriften) geschaffenen unabhängigen ORF wieder zu unterjochen", so der frühere ÖVP-Politiker.

Vorverlegung der Wahl?

Auf der politischen Ebene hat auch die Diskussion um einer Vorverlegung der Wahl der ORF-Geschäftsführung, die turnusmäßig für August/September 2011 geplant ist, wieder an Fahrt aufgenommen. Nachdem zuletzt SPÖ, ÖVP, Grüne, BZÖ und FPK Zustimmung für eine frühere ORF-Wahl signalisiert hatten, mehrten sich im Stiftungsrat die Stimmen, die für einer frühere ORF-Wahl und ein vorzeitiges Ende der Geschäftsführungsperiode des ORF-Direktoriums plädieren.

(APA/Red.)

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