Frauentag. Das Problem des Feminismus, egal, welcher Strömung: Er geht von der Unterdrückung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts aus, macht sie also zu Opfern.
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Eigentlich sollte ich diesen Text gar nicht schreiben. Eine Frau erzählt am Weltfrauentag etwas über den Weltfrauentag. Habe ich schon erwähnt, dass ich eine Frau bin? Würde es diesen 8. März nicht geben, ich könnte glatt vergessen, dass ich nicht zu den Penisträgern dieser Erde gehöre. Ein „The future is female“-T-Shirt besitze ich leider auch nicht, schade. Aber du bist doch ein Opfer, flüstert mir der Weltfrauentag zu, will mich zur Einkehr zwingen. Und wenn schon nicht das Opfer eines spezifischen Mannes, dann doch wenigstens das Opfer des Patriarchats, dieser – rein rechtlich gesehen nonexistenten – Worthülse. Widerspruch ist zwecklos, man will schließlich nicht unsolidarisch sein. Girl power und so. Es ödet mich an.
Ich bin keine Feministin, weil Feminismus tot ist, und Trauer ist nicht angesagt. Mit der Einsicht, dass Frauen wie Männer vernunftbegabte Wesen und also ebenbürtige Bürger sind, hat sich die Sache für mich erledigt. Doch das dauerhafte Opfernarrativ ist offenbar für viele sehr reizvoll, anders kann ich mir nicht erklären, dass Frauen im Namen des Ökofeminismus auf Kinder verzichten, um Mutter Erde zu (ver)schonen oder sich im Namen des Netzfeminismus die Finger wundtippen (the revolution will be twittered, ganz bestimmt). Das ist denn auch das generelle Grundproblem des Feminismus, ganz gleich, von welcher der vielfältigen Strömungen die Rede ist: Ausgangspunkt ist die Unterdrückung und Marginalisierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, was sie per definitionem zu Opfern macht. Das war zu Beginn der Frauenrechtsbewegung wahr, Aufbegehren dagegen also gerechtfertigt. Doch die Vorstellung, dass gegenwärtig die Hälfte der Bevölkerung – im Westen des 21. Jahrhunderts – ein unterdrücktes Kollektiv sein soll, finde ich spannend. Darf ich den Gegenbeweis antreten?