Diversifizierung

Österreich bemüht sich weiter um Gas aus Golfregion

BUNDESKANZLER NEHAMMER UND KLIMASCHUTZMINISTERIN GEWESSLER BESUCHEN STRAHLENSCHUTZABTEILUNG
BUNDESKANZLER NEHAMMER UND KLIMASCHUTZMINISTERIN GEWESSLER BESUCHEN STRAHLENSCHUTZABTEILUNGAPA/TOBIAS STEINMAURER
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Österreich plant ein neues Abkommen mit Katar um größere Liefermengen von Erdgas sicherzustellen. Auch die EU-Kommission möchte sich „aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien."

Österreich bemüht sich derzeit intensiv darum, sich einen guten Platz auf der Liste der Gaskunden der Emirate am Persischen Golf zu sichern. Nach seinem Besuch in Abu Dhabi hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montag Katar besucht. "Wir sind nicht die einzigen, die in diese Region reisen", sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), aber man sei unter den ersten.

Katar sei nicht nur ein großer Gasproduzent, sondern auch "ein ganz wichtiger politischer Player in diesem Raum, und zwar weit über seine Landesgrenzen hinaus", sagte der Bundeskanzler vor österreichischen Journalisten in Doha. "Katar hat eine besondere Form der Sicherheitspolitik. Katar hat auf der einen Seite einen der größten amerikanischen Luftwaffenstützpunkte, auf der anderen Seite ist Katar auch ein Gesprächspartner und ein Brückenbilder Richtung Iran."

Neues Abkommen mit Katar

Für Österreich seien die Beziehungen mit Katar auch wichtig, um Einschätzungen in die Sicherheitslage zu bekommen. "Deshalb wird es auch ein neues Abkommen zwischen Österreich und Katar geben, das einerseits die Grundlage schafft, sich regelmäßig zu treffen zu den Themen Energie, Sicherheit und zu den Themen Kultur und Wissenschaft."

Im Energiebereich "wurde uns ganz klar signalisiert, dass man bereit ist, über größere Abnahmemengen auch wirklich zu verhandeln". Derzeit würden in der Region viele Besuche stattfinden. "Das Entscheidende ist: Wer kommt auf die Bedarfsträgerliste drauf?"

Kurzfristige Diversifizierung nicht möglich

Das russische Erdgas sie nicht ganz durch Flüssiggas zu ersetzen, sagte Gewessler, "schon gar nicht kurzfristig, so ehrlich müssen wir einfach sein". Österreichs Vorteil sei aber, dass die OMV bereits einen Rahmenvertrag mit Katar habe, "der die Basis bietet, auf der man weitere Gespräche aufsetzen kann."

Im bestehenden Vertrag mit Katar sei die Fixabnahme einer großen Gasliefermenge vorgesehen, bis zu sechs weitere seien möglich, erklärte Nehammer. "Das wird jetzt konkretisiert." Allerdings sei eine kurzfristige Diversifizierung der Gaslieferanten nicht möglich. "Eine Flüssiggas-Andockstelle kostet 30 Milliarden Euro. Nur damit wir wissen, von welchen Dimensionen der Investition wir sprechen, wenn wir sagen, wir müssen Flüssiggas-Andockstellen erweitern."

"Wir sind auch heute nicht in einer Demokratie westlichen Musters", räumte Gewessler beim Besuch in Doha ein, "da gibt es nichts zu beschönigen." Daher müsse man mittelfristig raus aus den fossilen Energieträgern und den Energieverbrauch reduzieren.

Scholz setzt weiter auf russische Importe

Am Montag forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selesnkij weitere und schärfere Sanktionen gegen Russland. Nötig sei ein Boykott russischer Exporte und damit auch der Verzicht auf Erdöl und Erdgas aus Russland, sagte Selenskij in einem Videoclip.

In Deutschland will man an Energielieferungen aus Russland festhalten. Zu dem geforderten Embargo äußerte sich Bundeskanzler Scholz zurückhaltend. "Die Versorgung Europas mit Energie für die Wärmeerzeugung, für die Mobilität, die Stromversorgung und für die Industrie kann im Moment nicht anders gesichert werden", betonte er. Energie aus Russland sei von essenzieller Bedeutung für das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger. Ziel sei es aber, die Abhängigkeit von Russland bei Energieimporten zu verringern. Das brauche aber mehrere Jahre bis Jahrzehnte. Ein Embargo müsste auf EU-Ebene beschlossen werden, es sei nicht generell ausgeschlossen, betonte auch der deutsche Regierungssprecher.

„Müssen uns aus Abhängigkeit befreien"

Die EU-Kommission plant zwar kein Embargo, möchte am Dienstag aber Vorschläge für eine schnelle Abkopplung der EU von russischen Energielieferungen vorstellen. "Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien", sagte von der Leyen am Montag am Rande eines Treffens mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi in Brüssel.

Konkret wird es laut von der Leyen darum gehen, die Versorgung über zuverlässige Lieferanten außerhalb Russlands sicherzustellen. Schwerpunkt dabei sollen Flüssiggas und Pipelinegas sein, da die dafür benötigte Infrastruktur in Zukunft auch mit umweltfreundlichem Wasserstoff genutzt werden könnte.

Investitionen in Erneuerbare

Zudem soll es Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Wasser sowie in die Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden und Industrieprozessen geben. Um vom derzeitigen Energiepreisanstieg besonders betroffene Haushalte und Unternehmen zu schützen, könnte es neue Unterstützungsmaßnahmen geben.

Erste Entwürfe des Pakets der Kommission kursierten bereits vergangene Woche. Darin schlägt die Kommission auch vor, dass EU-Staaten ihre Gasspeicher bis Oktober auf mindestens 80 Prozent füllen sollen. Die EU ist stark von russischem Gas abhängig - rund 40 Prozent des importierten Gases in der Union kommt aus Russland.

(APA/dpa/Reuters)

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