Der frühere Bundespräsident fühlt sich von dem „Schleimspur"-Sager von Vizekanzler Kogler nicht betroffen. Über Ex-Kollegen mit teuren Beraterverträgen in Russland will er nicht richten.
Ex-Bundespräsident Heinz Fischer verteidigt den freundlichen Umgang mit Russlands Präsident Wladimir Putin während seiner Amtszeit in den Jahren von 2004 bis 2016. "Die Wahrheit ist, dass wir jetzt einen Putin kennenlernen, der einen Krieg gegen ein demokratisches Land begonnen hat, was man scharf verurteilen muss", sagte Fischer am Dienstag dem Ö1-"Mittagsjournal".
Von der Aussage von Vize-Kanzler Werner Kogler (Grüne) in der "ZiB2" am Montag, dass die Wirtschaftskammer Putin den "roten Teppich mit Schleimspur" ausgerollt habe, fühlt sich Fischer nicht betroffen. "Ich glaube, das ist nicht das Niveau, von dem man sich angesprochen fühlt", meinte Fischer im ORF-Radio. Kogler würde Fischers Aussagen zufolge zudem vergessen, dass Österreich seit Abschluss des Staatsvertrages stets "faire und vernünftige und sogar gute Beziehungen mit Russland" gehabt habe.
"Hat damals vernünftige und mutige Sachen gesagt"
Und: Österreich sei damals auch in guter Gesellschaft gewesen. So erinnerte Fischer etwa daran, dass Putin relativ zu Beginn seiner Amtszeit eine Rede im Deutschen Bundestag gehalten habe. Danach habe es Standing Ovations gegeben. "Weil er damals etliche vernünftige und mutige Sachen gesagt hat", so der Ex-Präsident offenbar mit Blick auf Putins Rede im Deutschen Bundestag am 25. September 2001. Damals hatte er unter anderem den Beitrag Russlands zum Fall der Berliner Mauer hervorgestrichen und versichert, "dass niemand Russland jemals wieder in die Vergangenheit zurückführen kann".
Detail am Rande: Zum damaligen Zeitpunkt war Gerhard Schröder (SPD) Deutschlands Kanzler. Schröder steht aktuell wegen seines Festhaltens an Geschäftsbeziehungen zu Russland trotz des Krieges in der Ukraine stark in der Kritik.

Aufnahmen, die Fischer scherzend und lachend mit Putin auf Einladung der Wirtschaftskammer zeigen, nur wenige Monate nach der Annexion der Krim, bereut Fischer ebenfalls nicht. "Nein, das ist mir nicht unangenehm, weil das hat den damaligen Verhältnis entsprochen." Europa hätte damals einen radikalen Kurswechsel einschlagen müssen und Putin geschlossen nicht mehr einladen dürfen, um ein anderes Verhältnis zu rechtfertigen, meinte Fischer. Dies habe aber nicht stattgefunden.
"Ich stehe dazu, dass während meiner Amtszeit in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, Österreich sich um gute und sogar freundschaftliche Beziehungen mit Russland bemüht hat." Aus damaliger Perspektive gesehen, sei dies kein Fehler gewesen. "Ob jede einzelne Geste im Lichte der Geschichte heute anders beurteilt wird, das kann natürlich sein." Auch die heute kritische gesehene Abhängigkeit Österreichs in Fragen der Energie-Sicherheit seien damals anders zu beurteilen gewesen. Alle seien zu der Zeit froh gewesen über eine stabile Energie-Beziehung zu Russland, so Fischer. "Jetzt entdecken manche, dass das alles falsch war."
Kein Kommentar zu politischen Berater(verträge)n
Über die viel kritisierten und hoch dotierten Beraterverträge ehemaliger hochrangiger Politiker in Russland wolle Fischer nicht urteilen. "Ich mache mich da nicht zum Richter über Kollegen aus anderen Parteien oder aus der eigenen Partei im Bezug auf Beraterverträge. Ich sag noch einmal, bei mir werden Sie keinen Beratervertrag finden." Ihn habe auch niemand um Rat gefragt, ob er einen solchen Vertrag annehmen solle.
Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beendete seine Tätigkeit im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Lukoil nach großem öffentlichen Druck in der Zwischenzeit. Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) verließ den Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD ebenfalls. Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) will ihren Aufsichtsratsposten beim staatlichen russischen Öl-Konzern Rosneft jedoch nicht aufgeben.
>>> Heinz Fischer im Ö1-"Mittagsjournal"
(APA)