Abhängigkeit

E-Control: Gas aus Russland derzeit unverzichtbar für Österreich

Österreich ist von russischem Gas abhängig.
Österreich ist von russischem Gas abhängig.(c) APA
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Ein vorübergehender Importstopp sei nicht möglich, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. „Die Idee, für ein bis zwei Wochen auf Gaslieferungen aus Russland zu verzichten, ist nicht zu Ende gedacht“, warnt er.

Forderungen nach einem Importstopp von Erdgas aus Russland erteilt die Energieregulierungsbehörde E-Control eine Absage. Derzeit sei russisches Gas für Österreich unverzichtbar, es stellt immerhin rund 80 Prozent der von uns verbrauchten Gasmengen, erinnert E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Die Gasflüsse aus Russland würden zur Zeit uneingeschränkt weitergehen.

"Die Idee, für ein bis zwei Wochen auf Gaslieferungen aus Russland zu verzichten, ist nicht zu Ende gedacht, denn es fehlt komplett der Gedanke, wie es danach weitergehen sollte", meinte Urbantschitsch.

Vor allem die Großindustrie und die Kraftwerke würden viel Erdgas benötigen - übers Jahr gerechnet jeweils rund ein Viertel des heimischen Verbrauchs. Elf Prozent entfalle auf die besonders geschützten Haushalte, 41 Prozent auf Kleinverbraucher und mittlere Energie. In der Heizsaison sei der Anteil der Haushalte und Kraftwerke höher.

Gas reicht für heurigen Winter

Die Füllstände in den heimischen Speichern seien zwar auf einem für einen kälteren Winter "niedrigen, aber noch normalen Niveau", so Urbantschitsch. Deshalb müsse man auch nicht beunruhigt sein, dass die Speicherstände zuletzt von 18 Prozent in der vorigen Woche auf nunmehr knapp unter 16 Prozent gesunken seien. Die Speicherstände von 15 Terawattstunden (TWh) in ganz Österreich reiche bezogen auf den restlichen März zwei Mal, so die Leiterin der E-Control-Gasabteilung, Carola Millgramm.

Ein kompletter Ausfall der russischen Gaslieferungen nach Europa zum jetzigen Zeitpunkt, noch vor Ende der Heizsaison, hätte zur Folge, dass im Rahmen der Energielenkung Kontingentierungen vorgesehen werden müssten. Um die Wärme- und Stromversorgung sicherzustellen, würden dabei in einem ersten Schritt Einkürzungen bei der Industrie vorgenommen werden müssen, sagt Urbantschitsch.

Zu vermeiden sei, dass ein kompletter Ausfall bei Gas massive Auswirkungen auf den Stromsektor habe. Der Anteil der Gaskraftwerke in den Wintermonaten an der Deckung des Stromverbrauchs liege zwischen 20 und 30 Prozent.

Andere Länder tun sich leichter

Manche Länder täten sich leichter mit Forderungen nach einem Importstopp für Gas aus Russland, weil sie weniger abhängig seien davon. Das gelte etwa für ein Land wie Luxemburg, das nur rund 10 Prozent Gas aus Russland und kaum bis gar keine Schwerindustrie hat. Deutschland sei zu gut der Hälfte von russischem Gas abhängig - bei Österreich und auch östlichen Nachbarländern wie Ungarn, Slowakei, Tschechien, Bulgarien sei die Situation völlig anders.

"Österreich kann seine hohe Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen nicht von heute auf morgen verringern - auch nicht von einem Jahr auf das nächste", betont der E-Control-Vorstandsdirektor. Der Liefervertrag der OMV für russisches Erdgas laufe im übrigen noch bis zum Jahr 2040. Auch wegen des deutlichen Preisvorteils sei man lange bei russischem Gas geblieben, erinnerte Millgramm: "Die externen politischen Kosten kommen erst jetzt."

Die heimische Speicherkapazität sei zu über 90 Prozent gebucht - zur Zeit hätten die Speicherkunden aber keine Anreize einzuspeichern, da die Preise im Sommer (in dem das Gas für die Speicher eingekauft und eingespeichert wird) höher sind als im Winter (in dem der Rohstoff wieder ausgespeichert und verkauft wird). Daher seien "flankierende Maßnahmen nötig".

Umstieg nur mittel- und langfristig

Mittel- bis langfristig werde eine effizientere Nutzung von Gas und der schnellere Umstieg auf alternative Heizsysteme und Produktionstechnologien den Gasverbrauch und damit die Abhängigkeit verringern. Der schrittweise Ausstieg aus Gas bei den Haushalten für die Raumwärme sei bereits im Regierungsprogramm verankert. Die Industrie sollte, wo es möglich sei, die Elektrifizierung von Prozessen vorantreiben. Auch sollten Industriebetriebe verstärkt als Instrument zu mehr Versorgungssicherheit einbezogen werden, indem sie - gegen eine gewisse Abgeltung - in bestimmten Situationen auf Teile ihre Gasbezugs verzichten, etwa auf 10 oder 20 Prozent. Und man sollte verstärkt Wasserstoff als Energieträger nutzen, auch wenn dies gewisse Umwandlungsverluste bedeute und nur mit Erneuerbarem-Strom wirklich sinnvoll sei.

Zusätzlich sollten alternative Gaslieferanten für Flüssig-Erdgas (LNG) und konventionelles Pipelinegas auch von heimischen Gasgroßhändlern erschlossen werden. "Die in der EU vorhandene Infrastruktur sowie die Regelungen zum Zugang zur Infrastruktur ermöglichen das."

Neun Prozent über Inlandsproduktion gedeckt

Derzeit beziehe Österreich übers Jahr rund elf Prozent aus Norwegen sowie über kurzfristige Handelsplätze (Deutschland), etwa neun Prozent des Gasverbrauchs seien zuletzt über die Inlandsproduktion der OMV und der RAG gedeckt worden. Früher seien 15 Prozent im Inland gedeckt, noch länger zurückliegend 20 Prozent, die Tendenz sei also fallend.

Alle relevanten, veröffentlichten Daten und die Meldungen würden zeigen, dass die Gasflüsse aus Russland zur Zeit uneingeschränkt stattfinden. Relevant für die Beobachtung der russischen Gasflüsse in die EU seien die Nord Stream 1, die Ukraine Route und die Yamal-Pipeline (über Weißrussland und Polen). Geringe Menge kommen auch über die Turkstream via Serbien nach Ungarn in die EU. Für Österreich maßgeblich ist die Ukraine-Route; ein kleiner Teil kommt auch über die seit Jahren in Betrieb befindliche Nord Stream 1. Für diese ist seitens Russlands zuletzt ein mögliches Zurückfahren der Lieferungen in den Raum gestellt worden.

(APA)

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