Sondergipfel

EU will Militärhilfe für Ukraine auf eine Milliarde verdoppeln

Sondergipfel in Versailles
Sondergipfel in VersaillesIMAGO/Belga
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Die EU hat bisher vier Sanktionspakete gegen das kriegstreibende Russland beschlossen, weitere scheinen in Arbeit. Geht es nach Ungarns Premier Orban, betreffen sie aber nicht russisches Öl und Gas.

Die Europäische Union will ihre Militärhilfe für die Ukraine verdoppeln. Die EU-Kommission habe vorgeschlagen, weitere 500 Millionen Euro bereitzustellen, sagte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell am Rande des zweiten Tages des EU-Sondergipfels zur Ukraine in Versailles. "Jeder war sich vollkommen bewusst, dass wir unsere militärische Unterstützung für die Ukraine verstärken müssen."

Unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskrieges hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs in einem beispiellosen Schritt erstmals in der Geschichte der Union darauf verständigt, EU-Mittel für Militärhilfe in Höhe von 500 Millionen Euro bereitzustellen. Das neutrale Österreich ermöglichte den Beschluss, indem es die in den EU-Verträgen vorgesehene Möglichkeit der "konstruktiven Enthaltung" nützte.

Borrell zeigte sich sicher, dass die Staats- und Regierungschefs dieses Geld genehmigen werden. Die EU erwäge auch, weitere Sanktionen gegen russische Oligarchen und die russische Wirtschaft zu verhängen. Bisher hat sie vier Sanktionspakete gegen Russland beschlossen.

EU denkt über weiteres Investitionspaket nach

Am ersten Gipfeltag hatten sich die EU-Chefs nicht dazu durchringen können, ein Öl- und Gasembargo gegen Russland zu verhängen, wie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán in der Früh auf Facebook bestätigte. Orbán war der vehementeste Gegner dieser Maßnahme. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, verteidigte den Schritt am Freitag. Es müsse nämlich noch die Möglichkeit zu weiteren Sanktionen geben, wenn etwa Krankenhäuser bombardiert würden, sagte der Niederländer am Freitag im "Deutschlandfunk". "Der Krieg hat jetzt wirklich barbarische Formen angenommen."

Um die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine abzufedern, diskutieren die EU-Staaten zusätzlich über ein neues Investitionspaket. "In einer Krise ist es immer notwendig, gegen die Krise zu investieren", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). "Investitionen sind jetzt notwendig und wichtig, genauso auch, dass man sie gemeinschaftlich durchführt.“ Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte, man müsse die europäischen Bürger und die Unternehmen vor den steigenden Energiepreisen schützen. Die EU müsse gegenüber Russland bei Gaslieferungen auf "alle Szenarien" vorbereitet sein.

Beratungen über EU-Beitrittsgesuch der Ukraine

Die EU-Staaten beraten zudem beim Gipfel über das EU-Beitrittsgesuch der Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte eine unverzügliche Integration seines Landes in die EU gefordert. Unter den Mitgliedstaaten gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen: Während unter anderem Österreich und Deutschland auf die Bremse steigen, verlangen vor allem östliche EU-Staaten wie Polen und Slowenien eine umgehende Beitrittsperspektive für die Ukraine.

Nehammer zeigte sich diesbezüglich zurückhaltend. Ein solches Beitrittsgesuch sei "extrem langwierig und sehr komplex". Die Ukraine brauche jetzt Solidarität sowie rasche und unbürokratische Hilfe. Macron betonte, die EU sollte ein Signal senden, müsse aber dabei genau abwägen. "Können wir heute einen Beitrittsprozess mit einem Land eröffnen, das sich im Krieg befindet? Das glaube ich nicht. Sollten wir die Türe zuschlagen und sagen: niemals? Das wäre ungerecht. Können wir auf das Gleichgewicht in der Region vergessen? Da muss man aufpassen." Auch Moldawien sei "sehr fragil".

EU-Diplomaten hatten statt eines Beitritts für die Ukraine eine "Assoziierung plus plus" ins Gespräch gebracht, also eine engere Anbindung der Ukraine an den EU-Binnenmarkt. Der französische Europaminister Clement Beaune unterstrich das Ziel der EU, sich von russischen Energielieferungen unabhängig zu machen.

Auf einen Blick

Der Ukraine-Krieg überschattet den am Donnerstag beginnenden, zweitägigen Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs. Bei dem Gipfel will die EU angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auch eine Stärkung ihrer Verteidigungskapazitäten vereinbaren, darunter auch höhere Verteidigungsausgaben.

Paris hat einen erneuten EU-Hilfsfonds nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds ins Gespräch gebracht, mit dem die europäische Verteidigung und Energie-Versorgungssicherheit gestärkt werden soll. Der Corona-Fonds hat ein Volumen von 750 Milliarden Euro, die EU-Kommission kann dabei selbst Kredite aufnehmen. In etlichen EU-Staaten wie zum Beispiel den Niederlanden stieß der französische Vorschlag aber auf Skepsis.

(APA/dpa/Red. )

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