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"Jackass" & Co: Kontrolliertes Kino-Chaos

Das könnte ins Auge gehen: Eric André (l.) und Lil Rel Howery in „Bad Trip“.
Das könnte ins Auge gehen: Eric André (l.) und Lil Rel Howery in „Bad Trip“.Netflix
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Stunt-Filme – wie der jüngst im Kino gestartete „Jackass Forever“ – geben uns das Gefühl, die Entropie des Seins meistern (oder ertragen) zu können. Fünf Beispiele für kontrollierten Kontrollverlust.

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Bad Trip

Irrwitz vor versteckter Kamera
Zu sehen auf Netflix

Eine Art, in der Filme beruhigend auf uns wirken können, ist ihr Vermögen, uns vorzugaukeln, dass die Wirrnisse dieser Welt beherrschbar seien. Oft setzen sie die verrücktesten Eskapaden und spektakulärsten Karambolagen in Szene. Doch auf der Leinwand wirken diese wie ein Sturm im Wasserglas: mitreißend, aufregend, aber stets angenehm eingefriedet. Das schenkt uns Katharsis, ohne dass jemand dabei zu Schaden kommt. Filme erschaffen „Leihkörper“ (Christiane Voss) für das Publikum, die an seiner statt leiden und abenteuern. Auf dieser Entäußerung gründet der Erfolg von Stunt-Shows wie „Jackass“ und der ihrer Epigonen.

Einer der besten ist Komiker Eric André, der auch am jüngsten „Jackass“-Film mitgewirkt hat. In „Bad Trip“ tingelt er im Rahmen einer losen Handlung mit Lil Rel Howery und Tiffany Haddish durch die USA. Und versetzt arglose Passanten vor versteckter Kamera mit destruktiven Spompanadeln in (bisweilen bestürztes) Staunen. Da wird eine Galerie voller unbezahlbarer Kunstwerke bei einer Rangelei demoliert, oder Kleider werden per Staubsauger vom Körper gerissen. Da geraten Hände in Mixer und Menschen an Gorillas. Alles gestellt, versteht sich – nach jedem Schreck folgt erleichtertes Lachen. (and)

Jackass

Weltmeister der Selbstzerstörung
Diverse Anbieter (ab € 2,49)

Schadenfreude kennen wir. Doch gibt es so etwas wie Schadenneid? Die waghalsigen Nummern, die Johnny Knoxville und seine Spießgesellen in der legendären MTV-Sendung „Jackass“ unter schmerzlichem Körpereinsatz vollführten, riefen stets auch Ehrfurcht vor dem immensen Eifer hervor, mit dem sie Belastungsgrenzen ausloteten: Wie masochistische Spitzensportler schoss die Truppe einen Stunt-Vogel nach dem anderen ab. Das wurde mit Ruhm und etlichen (Film-)Fortsetzungen belohnt. Diese gibt es zum Leih und Kauf im Fundus unterschiedlicher Streaming-Anbieter, einschließlich des schrulligen Ablegers „Bad Grandpa“. Das Original liegt bei Amazon. (and)

Sherlock Jr.

Königsklasse der Körperkomik
Zu sehen auf Amazon

Während die „Jackass“-Bande mit ihrer Versehrungsbereitschaft vor allem etwas unter Beweis stellt, das man heutzutage wohl „Resilienz“ nennen würde, betörten die Meisterkomiker des frühen Kinos oft eher mit Oden an die Unbeugsamkeit des glücklichen Zufalls, der bei ihnen freilich minutiöser Regiearbeit und Körperbeherrschung geschuldet war. Die Häuserfassade kippt auf Buster Keaton, oh Gott – doch siehe da, er befindet sich punktgenau im gnädigen Visier einer Fensteröffnung, hurra!
Keaton war seinerzeit der unbestrittene Champion dieser Disziplin – und der Film „Sherlock Jr.“ eine seiner Sternstunden, in der er auch hinter der Kamera zur Höchstform auflief. (and)

Train Again

Achtung, Zug fährt ein!
Zu sehen bei Mubi

Schon der berühmteste Gründungsmythos des Kinos handelt von angetäuschter Bedrohung und vom Aufatmen nach dem Verpuffen ihrer Illusion: Ein Zug, aufgenommen von den Gebrüdern Lumière, fährt in den Bahnhof von La Ciotat ein, das Publikum ergreift aus Angst vor seiner Wirklichkeit die Flucht. Züge bilden seither ein Leitmotiv der Filmgeschichte und Filmtheorie; ebenda setzt „Train Again“ an – die jüngste, in Cannes uraufgeführte Arbeit des arrivierten österreichischen Avantgardisten Peter Tscherkassky. Eine akribisch konstruierte Schienen-Symphonie aus vorgefundenem Material, bei der das Bild rattert und wackelt wie ein Waggon in rasanter Bewegung – und die zugleich die Geschichte des filmischen Mediums anhand seiner Obsession mit der Bahn nachzeichnet. (and)

Ninja Warrior

Kraftmeier auf Kollisionskurs
Zu sehen auf puls4.com

Fassungslos, machtlos fühlt man sich angesichts des Ukraine-Kriegs. Man kann versuchen zu helfen, hat im Grunde aber keinen Einfluss auf den Kriegsverlauf. Mangel an Kontrolle macht Angst. Was aber lässt sich kontrollieren? Der Körper zum Beispiel. Meister der Körperkontrolle sind die Teilnehmer der Geschicklichkeitsshow „Ninja Warrior“: Sie müssen durch einen absurd schwierigen Parcours rennen und klettern, um dann eine Steilwand hinaufzulaufen und einen „Buzzer“ zu drücken. Wem das gelingt, auf den warten noch schwierigere Hindernisse. Nur wer im Finale ein frei hängendes, 20 Meter langes Seil in weniger als 25 Sekunden hinaufklettert, darf sich „Ninja Warrior“ nennen.

Sechs Staffeln brachten in Deutschland erst einen hervor. In Österreich keinen, hier läuft derzeit Staffel drei (Montagabends auf Puls 4 sowie im Stream). Faszinierend ist allein, welche Fülle an Kandidaten ein kleines Land wie Österreich hervorbringt. Freilich ist die Show auch eine des (kontrollierten) Scheiterns: Die meisten Kandidaten stürzen in zimmerwarme Pools und müssen dann wie begossene Pudel über ihre Niederlage reden. Erfunden wurde die verrückte Show in Japan. Wo sonst? (her)

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