Grazer Neubauprojekte

Wohnquartiere als neue Tore in die Stadt

Immovate und ARE entwickeln Wohnungen auf ehemaligem Kasernenareal.
Immovate und ARE entwickeln Wohnungen auf ehemaligem Kasernenareal.Immovate
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Der Bauboom lässt auch abseits der großen Entwicklungsprojekte Reininghaus und Smart City neue Wohnviertel aus dem Boden wachsen. Investoren nehmen dabei vor allem die Stadteinfahrten ins Visier.

Rund 16.000 Wohnungen sind in Graz für die nächsten drei Jahre in der Pipeline. Etwa jede achte Wohnung in der Murmetropole wird dann höchstens fünf Jahre alt sein. Keine andere österreichische Stadt hat einen derart hohen Anteil an Neubau-Unterkünften.

Grün in die Stadt bringen

Als Leuchtturmprojekte gelten die Bebauung des Areals der ehemaligen Brauerei Reininghaus sowie, gleich angrenzend, die Smart City. Insgesamt, so Stadtbaudirektor Bertram Werle, werden in diesen beiden Vierteln Wohnungen für rund 15.500 Menschen geschaffen. Um das zu ermöglichen, hat sich die Stadt sogar von ihrem eigenen Hochhausbauverbot verabschiedet. „Bis Ende dieses Jahres wird etwa ein Fünftel der Gebäude in Reininghaus fertiggestellt sein, in der Smart City stehen wir dann bei zwei Dritteln“, sagt Werle.

Die Bauherren sind private Immobilieninvestoren, die Stadt lenkt jedoch den Gestaltungsprozess und hat sich das Recht auf die Schaffung von großzügigem Grünraum gesichert. Ebenso wichtig sind ihr das Schaffen einer Infrastruktur mit Bildungseinrichtungen und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Wieso die Investoren das akzeptieren? „Das ist die Gegenleistung für allenfalls erforderliche Umwidmungen und das Genehmigen einer hohen Baudichte“, erklärt der Stadtbaudirektor den Deal. Damit wolle man eine hohe städtebauliche Qualität sicherstellen. Und den Weg in Richtung klimafitter Stadt weitergehen – ebenso wie bei anderen großen Bauvorhaben abseits der beiden bekannten Vorzeigeprojekte Reininghaus und Smart City.

Wohnungen statt Kaserne

Auf dem 5,7 Hektar großen Gelände einer aufgelassenen Kaserne im Innenstadtbezirk Jakomini etwa haben die Abrissbirnen bereits die früheren Soldatenzimmer und Werkstätten beiseite geräumt, an ihrer Stelle entwickeln das Wiener Unternehmen Immovate und die BIG-Tochter Austrian Real Estate (ARE) gemeinsam 570 Wohneinheiten, verteilt auf zehn Gebäudekomplexe. Das denkmalgeschützte Stabsgebäude wird revitalisiert. Bei diesem Vorhaben hat sich die Stadt Graz unter anderem ausbedungen, dass auf einem Teil des Areals ein öffentlicher Sportplatz sowie ein Park errichtet werden – „qualitativ hochwertige öffentliche Räume“, wie Gerd Pichler, Head of Development bei ARE, betont. Und: Neben frei finanzierten Eigentums- und Mietwohnungen wird es auch Sozialunterkünfte geben. Ein Mix also, der Menschen mit ganz unterschiedlichen Möglichkeiten neuen Wohnraum zur Verfügung stellen soll.

Außenbezirke beleben

Weil freie Flächen im innerstädtischen Gebiet mittlerweile rar und entsprechend teuer sind, verlagern sich die Aktivitäten der Immobilienentwickler in Graz aber zunehmend in die Außenbezirke, in die Bereiche der großen Stadteinfahrten. Entlang der Conrad-von-Hötzendorf-Straße, die Autofahrer von der Ost-Abfahrt der A2 direkt in die City dirigiert, hat sich in den vergangenen Jahren ein Neubauprojekt neben das andere gestellt und dem „Tor zur Stadt“ ein völlig neues Gesicht gegeben.

Jüngstes Vorhaben: Neben der Stadthalle verwandelt die Haring Group nach bestandener Umweltverträglichkeitsprüfung den einstigen Großparkplatz der Grazer Messe in den „Messequadranten“, ein Wohnviertel mit rund 600 Wohnungen in bis zu zehn Geschoßen und mit viel Grün – auch auf den Dächern. Die Pkw-Abstellplätze, die dadurch ebenerdig wegfallen, werden in ein unterirdisches Parkdeck verlegt. Ein Fußgängertunnel führt von dort bis zur Messehalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Start für das Bauprojekt erfolgt in den nächsten Wochen.

In ähnlicher Dimension wird auch an der Westeinfahrt zur steirischen Landeshauptstadt gebaut. Nahe der A9, im Bezirk Straßgang, steht das „Quartier 4“ von C&P Immobilien bereits knapp vor der Fertigstellung. Die stufenförmige Bauweise schafft hier viele begrünbare Terrassen. Durch Einbeziehung von Kindergarten, Gastro und Nahversorgung wolle man unterschiedliche Lebensbereiche abbilden, erklärt C&P-Sprecher Michael Thier. Damit entspricht man auch dem „Prinzip der kurzen Wege“, das die Stadt Graz zum Desideratum erhoben hat, um den innerstädtischen Pkw-Verkehr zu reduzieren. Zielgruppe sind in erster Linie Anleger.

Projekt 1

Projekt 2

Projekt 3

Was Sie wissen sollten zu kleineren Neubauprojekten in Graz

„Gate 17“ nennt sich das viertgrößte Wohnbauvorhaben in Graz. Das Tor zum 17. Bezirk Puntigam an der südlichen Stadtgrenze wartet mit 512 Wohnungen, zum Großteil für Anleger, auf. Ein deutscher Fond hat sich beinahe die Hälfte davon gesichert. Der erste Abschnitt wird 2023 fertig sein. Entwickler ist C&P Immobilien, das bereits das „Brauquartier“ errichtet hat.

„Lendpark“ heißt der Block mit 282 Eigentumswohnungen der GWS an der Wiener Straße, die vom Norden in die Stadt führt. Fassadenbegrünungen, ein begehbares Dachgartenband, das man dank stufenförmiger Bauweise wie einen Berg erklimmen kann, umgeben von Bepflanzungen, sollen Natur in die Stadt bringen. Weiters gibt es Einheiten für Start-ups und Co-Working Spaces.

„Home Lend“ von Immola Projektentwicklung macht 256 Mietwohnungen im trendigen Bezirk Lend ab Juli schlüsselfertig. Die Betreiber locken mit einem begrünten Innenhof und fast geschenkten Öffi-Jahreskarten für Erstbezieher. Die Gründerzeit-Klinkerziegelfassade des Altbestands blieb erhalten, ebenso das hier befindliche Österreichische Schlüsselmuseum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2022)

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